Homöopathika-Hersteller

Ingeborg Pascoe verstorben

, Uhr aktualisiert am 16.09.2015 11:33 Uhr
Berlin -

1918 gründete Friedrich H. Pascoe in Giessen den gleichnamigen Hersteller von Homöopathika. Im selben Jahr wurde seine spätere Schwiegertochter Ingeborg geboren. Am Donnerstag verstarb die Seniorchefin, die mehr als 40 Jahre lang an der Spitze des Unternehmens stand.

Als ihr Mann Fritz 1970 verstarb, war für die damals 52-jährige Mutter von drei Kindern schnell klar, dass sie selbst die Leitung im Familienunternehmen übernehmen musste. Mit viel Eifer eignete sie sich im Blitzverfahren Buchführung an, bis ihr Privatlehrer zu einem Studium riet. Ihr Talent für Zahlen machte es ihr dabei einfacher, sich an der Universität in die Wirtschaftswissenschaften einzuarbeiten.

In einer Zeit, in der für Frauen noch andere Rollen vorgesehen waren, modernisierte Pascoe das Produktportfolio, ging auf Messen und knüpfte Kontakte. „In Rente gehen will ich nie“, war ihr Motto. Nicht mehr zu arbeiten, war für Pascoe unvorstellbar – morgens um halb sieben aufzustehen und ins Büro zu gehen hingegen selbstverständlich.

Ebenfalls außergewöhnlich war ihre Liebe zur Elektronik: „Technik ist etwas Wunderbares“, schwärmte sie bis ins hohe Alter, nahm weiterhin regelmäßig an Software-Schulungen teil, las ihre E-Mails und informierte sich im Internet. Bis zum Schluss fuhr Pascoe noch begeistert Auto: Mit ihrem PS-starken Mercedes flitze sie dabei selbst lange Strecken, etwa nach München oder Berlin.

Gemeinsam mit dem evangelischen Pastor und Naturheilkundler Emanuel Felke hatte Friedrich H. Pascoe den Bereich der Komplexmittelhomöopathie entwickelt. 1894 hatte er die Mellinghoff'sche Apotheke in Mülheim an der Ruhr übernommen; hier wurden später die ersten Mittel hergestellt.

1930 übernahm sein Sohn die Leitung des Unternehmens. Seit 1983 leitet Jürgen F. Pascoe in dritter Generation gemeinsam mit seiner Frau Annette die Geschäfte. Die Seniorchefin schaute bis zuletzt täglich im Büro vorbei.

Von den anfangs rund 5000 Produkten werden heute noch 200 vertrieben, darunter auch pflanzliche Medikamente, Nahrungsergänzungsmittel und hochdosierte Vitaminpräparate. Einer der Schwerpunkte von Pascoe liegt auf den Bereichen Psyche und Seele. „Aber wir haben eine breite Produktpalette für alle Anwendungsgebiete“, sagt Annette Pascoe.

Nach einem Einbruch von 13 Prozent auf rund 18 Millionen Euro Umsatz im Jahr 2010 wächst Pascoe jetzt seit drei Jahren zweistellig. Rund 200 Mitarbeiter arbeiten für das Unternehmen. Für die Zukunft ist eine neue Produktionsstätte geplant, der Baubeginn wird Anfang 2016 sein.

Pascoe exportiert in 30 Länder weltweit, in Toronto und Wien unterhält das Unternehmen eigene Niederlassungen. Rund 40 Prozent des Umsatzes werden im Ausland gemacht. Die Rohstoffe für die Naturmedizin kommen aus aller Welt, aber auch aus der Gießener Region: Dort arbeitet Pascoe mit einem Kräuterhof zusammen, wo zum Beispiel Lilie, Sonnenhut und Calendula angebaut werden. Produziert wird nur in Deutschland. In der Vergangenheit hatte das Unternehmen mehrmals die deutsche olympische Nationalmannschaft als offizieller Lieferant mit Injektionen gegen Erkältungen und Schwellungen versorgt.

Die umsatzstärksten Produkte sind zurzeit Neurapas balance, das Passionsblumenpräparat Pascoflair zur Beruhigung sowie die Basentabs pH-balance Pascoe, Nahrungsergänzungsmittel mit basischen Mineralstoffen und Zink zur Entsäuerung. Gut verkauft sich auch die Lymphdiaral-Familie gegen Erkrankungen der Atemwege und zur Behandlung des lokalen Lymphsystems bei Infekten des Hals-Nasen-Rachenraumes.

Seit 1961 werden die Produkte in einer eigenen klinischen Abteilung erforscht. Zehn Ärzte und Apotheker arbeiten dort, rund 15 Prozent des Umsatzes fließen in placebokontrollierte, doppelblinde klinische Studien. Zusammengearbeitet wird dabei mit Kliniken, niedergelassenen Ärzten und Heilpraktikern, aber auch Universitäten im In- und Ausland. Ein Ziel ist es dabei, die Naturmedizin als gleichberechtigten Partner der Schulmedizin zu etablieren.

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