Bayer streicht auch unter dem Druck milliardenschwerer Rechtsstreitigkeiten in den USA die Dividende zusammen. Für drei Jahre solle nur das gesetzlich geforderte Minimum ausgeschüttet werden, teilte der Pharmakonzern mit. Für 2023 ergäbe sich daraus eine Dividende von 11 Cent je Aktie, was die Konzernführung auch der Hauptversammlung im April vorschlagen will. Für 2022 hatte Bayer je Aktie noch 2,40 Euro ausgezahlt. Der Konzern erklärte die Einschnitte mit dem Schuldenstand, den hohen Zinsen und einer angespannten Situation beim freien Barmittelfluss.
Überraschend sei der Schritt nicht gekommen, heißt es aus der Finanzwelt. „Unsere Schulden zu senken und unsere Flexibilität zu steigern, gehört zu unseren Top-Prioritäten“, sagte der Bayer-Vorstandsvorsitzende Bill Anderson nun. Dabei helfen solle die Ausschüttungspolitik, in die auch Anregungen von Investoren eingeflossen seien. An der Börse wurden die Neuigkeiten durchwachsen aufgenommen, der Kurs schwankte und stieg dann leicht.
Bayer steckt in einer schwierigen Lage. Grund ist die Klagewelle in den USA wegen angeblicher Krebsrisiken durch glyphosathaltige Unkrautvernichter. Die Klagen beschäftigen das Unternehmen schon seit Jahren und haben schon Milliarden verschlungen. Analysten sehen zudem große finanzielle Risiken durch weitere Klagen in den USA wegen PCB. Dabei handelt es sich um ein Umweltgift, das schon seit Jahrzehnten verboten ist.
Beide Fälle sind ein Erbe des US-Agrarchemiekonzerns Monsanto, den Bayer im Jahr 2018 für über 60 Milliarden US-Dollar übernommen hatte. Der damalige Bayer-Chef Werner Baumann hatte den Kauf auch gegen den Widerstand nicht weniger Investoren durchgeboxt.
Der Konzern aus Leverkusen ist nach dem jahrelangen Kursverfall an der Börse derzeit nur noch gut 28 Milliarden Euro wert. Zum Vergleich: Vor der ersten Niederlage in einem US-Glyphosatprozess hatte eine Bayer-Aktie noch gut 93 Euro gekostet. Nun liegt ihr Kurs seit Ende Januar unter 30 Euro. Zudem bringen bisherige Medikamenten-Klassenschlager dem Konzern wegen nach und nach auslaufender Patente immer weniger Geld ein, ohne dass ähnlich lukrative Nachfolgepräparate in Sicht sind. Ende 2023 floppte zudem die wichtige Studie zum Xarelto-Kassenschlager. Auch eine Kündigungswelle sei geplant.
Laut Branchenexperten sei der aktuelle Schritt angesichts all dieser Probleme erst einmal nur eine kleine positive Nachricht. Die Maßnahme verdeutliche das Ausmaß der finanziellen und operativen Probleme von Bayer. Es brauche weitere umfangreiche strategische Maßnahmen, um die Bilanz zu reparieren. Eine solche Maßnahme könnte der Verkauf eines Unternehmensteils sein, ganz oder anteilig.
Ein solcher Schritt wird auch innerhalb des Konzerns diskutiert. Laut Experten kommt dafür allerdings im aktuellen Umfeld wohl nur die Sparte Consumer Health rund um Rx-Arzneimittel in Betracht. Analysten halten sogar eine Aufspaltung des Konzerns für wahrscheinlich.
Entsprechend gespannt blicken Analysten und Aktionäre daher auf Anfang März – nicht nur wegen der Jahreszahlen. Dann will Bayer-Chef Anderson auch seine Pläne für die Zukunft der Leverkusener vorstellen. Er hat die Führung des Konzerns erst im Juni 2023 übernommen.
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