Richtfest bei Aphria

Hier wächst bald deutsches Cannabis

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Berlin -

Die erste legale Cannabis-Produktionsanlage in Deutschland nimmt Formen an: Aphria hat in Neumünster das Richtfest seines „Bunkers“ gefeiert. Hinter zentimeterdickem Stahlbeton soll dort Ende kommenden Jahres die erste Cannabis-Ernte eingefahren werden. Auch Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz und Gesundheitspolitiker Wieland Schinnenburg (beide FDP) gaben sich die Ehre.

Schinnenburg ließ sich offenbar Neil Armstrong inspirieren, der vor fast genau 50 einen Fuß auf den Mond setzte. Aphrias Bau sei „ein großer Schritt für den Gesundheitsstandort Neumünster“, so der drogenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, „aber ein kleiner Schritt für die medizinische Cannabispolitik“. Was er damit meinte: Das Vorhaben sei löblich, doch die zugelassene Menge reiche nicht aus. „Wir brauchen in Deutschland fünf bis sechs Tonnen pro Jahr“, sagte er. Denn der Bedarf wachse. Die Anlage verringere die Abhängigkeit Deutschlands von Importen, betonte er und erneuerte die Forderung, auch den Export zu legalisieren.

Bisher werden Aphrias Blüten aus dem Ausland importiert, vor allem vom kanadischen Mutterunternehmen. Mitte April hatte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bekanntgegeben, dass Aphria, das Unternehmen Aurora und das Berliner Start-up Demecan in Deutschland zusammen künftig mehrere Tonnen Cannabis für medizinische Zwecke anbauen dürfen. 10,4 Tonnen dürfen nun über einen Zeitraum von vier Jahren angebaut werden, rund vier Tonnen davon von Aphria in Neumünster. Entsprechend völkerrechtlicher Vorgaben wird die für Ende 2020 erwartete erste Ernte dann nicht vom BfArM selbst, sondern von dessen 2017 gegründeter Cannabis-Agentur in Besitz genommen. Die wiederum verkauft es dann an Hersteller von Cannabisarzneimitteln, Großhändler und Apotheken.

Dafür muss Aphria hohe Sicherheitsstandards erfüllen. „Es ist die modernste und sicherste Anlage der Welt“, sagte Geschäftsführer Hendrik Knopp beim Richtfest. Für die mehr als 6000 Quadratmeter große Indoorplantage werden rund 14.000 Tonnen Stahlbeton verbaut, die Wände 24 Zentimeter dick. Hinzu kommen Sicherheitsanlagen wie Bewegungsmelder, eine umfassende Videoüberwachung und strenge Vorgaben zur Arbeitsweise innerhalb der Anlage.

Von Aussaat bis Ernte werden die Pflanzen in der Anlage kein einziges mal echtes Sonnenlicht sehen. In verschiedenen Kammern der mehr als 6000 Quadratmeter großen Anlagen werden sie mittels aufwendiger Technik im Schnelldurchlauf hochgezüchtet: So wird die Luft drinnen 90 Mal pro Stunde komplett ausgetauscht, bei konstant 23 Grad Celsius und maximal 55 Prozent Luftfeuchtigkeit. Die Mitarbeiter brauchen unter den extrem hellen Lampen des Gewächshauses starke Sonnenbrillen.

Durch die guten Wachstumsbedingungen soll es im Durchschnitt nur zehn bis elf Wochen dauern, bis die Blüten geerntet werden. In der Natur schaffen die Pflanzen dies nur einmal pro Jahr. „Wir erreichen in dieser Anlage fünf bis sechs Ernten pro Jahr“, erklärt Knopp. „Das schaffen wir, indem wir den Tag-Nacht-Zyklus verkürzen.“

Danach muss jede Cannabis-Charge wegen möglicher genetischer Veränderungen strenger Vorgaben des BfArM überprüft werden. Denn der Gehalt der Wirkstoffe Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) darf bei nur um bis zu zehn Prozent schwanken. Beide Gehalte sind bei medizinischem Cannabis konstant und variieren nicht so stark wie illegale Produkte im Straßenverkauf. In der Apotheke kostet das Gramm aktuell mehr als 20 Euro. Die weltweiten Produktionspreise liegen zwischen drei und sechs Euro, sagt Knopp.

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