Der deutschen Wirtschaft droht wegen der Corona-Krise die heftigste Rezession seit der Nachkriegszeit. Das gilt allerdings nicht für alle Branchen. Die Pharmaindustrie erwartet 2020 wachsende Umsätze – und eine deutliche Verlagerung ins Onlinegeschäft. Das geht aus einer Befragung der Marketingagentur Dr. Kaske unter Herstellern hervor.
Fast 70 Prozent der Hersteller gehen davon aus, dass Covid-19 insgesamt einen positiven Einfluss auf den Pharmamarkt hat. Für das eigene Geschäft sieht das allerdings nur etwas mehr als die Hälfte der Hersteller so. Die Ergebnisse dürften hier je nach Marktsegment der Unternehmen deutlich auseinanderfallen, sind aber in der Darstellung nicht weiter differenziert.
Eindeutiger Gewinner der Corona-Krise werden laut Umfrage die Versandapotheken sein – 97 Prozent der Teilnehmer erwarten positive Effekte. Tatsächlich haben sich die großen börsennotierten Anbieter schon frisches Kapital für die aktuelle Wachstumsphase besorgt, Zur Rose und zuletzt auch Shop-Apotheke.
Zusätzliche Aufbruchstimmung dürfte bei den Versendern die jüngste Entscheidung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erzeugt haben: Das E-Rezept soll ab 2022 verpflichtend sein. Für Dr. Kaske ist das eine deutliche „Prozessbeschleunigung“. Schon jetzt führe die Notwendigkeit des Social Distancing in der Corona-Krise zu einer höheren eCommerce-Akzeptanz. Das habe zur Folge, dass die elektronischen Alternativen bereits besser bekannt seien, wenn das E-Rezept ab kommendem Frühjahr eingeführt werde. Die ohnehin anstehende Entwicklung wird laut der Prognose um ein Jahr nach vorne verlagert.
Zu diesem Trend passt das derzeitige rasante Wachstum der Telemedizinanbieter. Viele Unternehmen bieten ihren Service aktuell gratis für Patienten und Ärzte an. Das schlägt sich laut der Analyse von Dr. Kaske zum Beispiel bei Kry in einem Wachstum von 200 Prozent bei den Anfragen für Video-Sprechstunden wieder. TeleClinic verbucht einen Anstieg von 50 Prozent bei den Video-Sprechstunden seit Covid-19. In den USA nähern sich die Kurven von Praxisbesuchen und Online-Sprechstunden bereits an.
Auf Herstellerseite werden laut Dr. Kaske vor allem im Vertrieb Veränderungen zu sehen sein. 86 Prozent der befragten Unternehmen planen höhere Investitionen in digitale Vertriebsmaßnahmen. Und während 21 Prozent der befragten Hersteller ihr Budget für TV-Werbung moderat oder sogar stark senken werden und im Printbereich mit 33 Prozent noch intensiver den Rotstift ansetzen wollen, will jeweils eine deutliche Mehrheit ihre Ausgaben in den Bereichen „Digital“ und „eCommerce“ erhöhen.
Derzeit geht es der Branche jedenfalls nicht schlecht: 36 Prozent gaben an, die Umsätze seien wegen Corona stark gestiegen, weitere 35 Prozent sehen zumindest eine leichte Steigerung. Auf der anderen Seite haben aber auch 21 Prozent einen Rückgang der Umsätze zu beklagen, 11,8 Prozent davon sogar einen starken. Bei 8,8 Prozent sind die Umsätze stabil.
APOTHEKE ADHOC Debatte