Fortbildungsveranstaltungen der Hersteller sind in der Regel kostenlos, nur bei aufwendigeren Schulungsformate fällt mitunter eine Teilnahmegebühr an. Die dürfen die Unternehmen aber nicht als Bonus bei der Bestellung von Produkten erlassen, hat das Oberlandesgericht Hamm (OLG) entschieden.
Dr. Ausbüttel stellt unter der Marke „Draco“ verschiedene Produkte für die Wundversorgung her und bietet ein breites Schulungsangebot für die Teams in Arztpraxen und Apotheken. Im vergangenen Jahr warb das Unternehmen mit einem Aktionsangebot in den Apotheken: Wer das „Draco Wund-Kompetenz-Center“ bestellte, bekam den Aufsteller mit diversen Pflastern, Tapes, Wundverbänden, Mullkompressen sowie Fixier- und Idealbinden – insgesamt 482 Packungen – zum Vorzugspreis von 826 statt 1241 Euro.
Obendrauf spendierte der Hersteller einen Gratisgutschein für die Fernfortbildung Fachberater/in Wundversorgung in der Apotheke. Der Kurs, der anhand von Online-Schulungen oder einem 150-seitigen Lehrbuch plus einer Präsenzveranstaltung im Vorfeld der Abschlussprüfung absolviert werden kann, kostet normalerweise 200 Euro netto. Zur Belohnung winken neben dem Zertifikat sieben Fortbildungspunkte.
Ein Wettbewerbsverein mahnte den Hersteller ab, da aus seiner Sicht ein Verstoß gegen § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG) vorliegt, nach dem Zuwendungen und sonstige Werbegaben gegenüber Angehörigen der Fachkreise verboten sind. Das Unternehmen sah das nicht so – wenn überhaupt, handele es sich um einen zulässigen Barrabatt. Obendrein seien Zuwendungen im Zusammenhang mit berufsbezogenen wissenschaftlichen Veranstaltungen in einem gewissen Rahmen erlaubt.
Tatsächlich wies das Landgericht Dortmund den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zunächst zurück, doch im Berufungsverfahren entschied das OLG überraschend anders. Das Angebot werde insbesondere wegen der ausdrücklichen Bezeichnung als „Gratis“-Gutschein und der besonders hervorgehobenen Werbeaussage „Gratis zu Ihrer WKC-Bestellung“ als unentgeltliche Vergünstigung wahrgenommen.
Die Auffassung, die Ermöglichung der Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung könne von vornherein keine „Werbegabe“ darstellen, überzeuge nicht. Denn der Bundesgerichtshof (BGH) habe in seinen Entscheidungen „Fortbildungs-Kassetten“ und „Arzneimitteldatenbank I“ erklärt, dass zur Verhinderung einer unsachlichen Beeinflussung „grundsätzlich und generell jede Art von Werbegaben, soweit diese nicht unter die in der Vorschrift selbst erschöpfend genannten Ausnahmetatbestände fallen“, verboten ist. Dies gelte auch für Medien der Fachinformation.
„Für die im vorliegenden Verfahren zu beurteilende Übernahme des Teilnahmeentgelts für eine von einem Dritten angebotene Fortbildungsveranstaltung als Vergünstigung für die Bestellung eines bestimmten Produktes kann nichts anderes gelten als für die vom Bundesgerichtshof angesprochene kostenlose Abgabe von Fachinformationsmedien wie Kassetten, Zeitschriften oder Büchern als Werbegeschenke“, so das OLG.
Eine abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung liege gerade wegen der Akkreditierung durch die Landesapothekerkammer vor: „Es besteht die Gefahr, dass die von der verfahrensgegenständlichen Werbung angesprochenen Apotheker sich gerade deshalb für das beworbene Produkt der Verfügungsbeklagten entscheiden und dieses zum Bestandteil des Verkaufssortiments ihrer Apotheke machen, weil sie hierdurch einen persönlichen wirtschaftlichen Vorteil erlangen können, nämlich die unter normalen Umständen entgeltpflichtige, hier indes ausnahmsweise als Werbegeschenk kostenfreie Teilnahme an einer Fortbildungsmaßnahme, die ihnen wiederum den Erwerb des Fortbildungszertifikats der für sie zuständigen Apothekerkammer und damit die Erfüllung ihrer berufsrechtlichen Fortbildungspflicht ermöglicht.“ Nicht umsonst habe der Hersteller auf den Erwerb von sieben Akkreditierungspunkten hingewiesen.
Es handele sich auch nicht um einen Barrabatt, selbst wenn auf dem Werbeflyer auf den Wert des Gutscheins in Euro abgehoben wurde. „Bei der Ermöglichung der kostenlosen Teilnahme an einer konkret bezeichneten Fortbildungsveranstaltung – und nur an dieser konkreten Fortbildungsveranstaltung – handelt es sich um eine Sachzuwendung.“
Auch die Ausnahme im Zusammenhang mit wissenschaftlichen Veranstaltungen greift laut Gericht nicht: „Wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift – namentlich den Formulierungen „(…) im Rahmen ausschließlich berufsbezogener wissenschaftlicher Veranstaltungen (…)“ und „(…) in Bezug auf den wissenschaftlichen Zweck der Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung sind (…)“ – ergibt, ist die Übernahme des Teilnahmeentgelts für eine Veranstaltung – und damit letztlich die Veranstaltung als solche – von dieser Ausnahmeregelung gerade nicht erfasst.“
APOTHEKE ADHOC Debatte