Die Erfindung ist segensreich, aber teuer. Sovaldi von Gilead kann die chronische Leber-Entzündung Hepatitis C wirksam bekämpfen. Seit heute verhandelt das Europäische Patentamt (EPA) in München über einen Einspruch gegen das Patent auf den Wirkstoff Sofosbuvir. „Uns sind die sozialen und ökonomischen Aspekte bewusst“, sagte der Vorsitzende der Einspruchsabteilung, Dieter Tzschoppe, zu Beginn. Es gehe aber in dem Verfahren lediglich darum, den erfinderischen Charakter zu klären. Die Organisation Ärzte der Welt hatte das Patent EP2203462 angefochten, da es dem Hersteller erlaubt, den Preis konkurrenzfrei zu bestimmen.
Erst einmal ging es um chemische Formeln. Ein Vertreter der Organisation sagte, es handele sich bei dem Wirkstoff nicht um eine neue Erfindung. Das Pharma-Unternehmen habe in seinen Anmeldedokumenten keine exakte Formel genannt, die zudem schon früher von anderen Forschern beschrieben worden sei. Eine Vertreterin von Gilead sagte hingegen, die Formel sei einmalig und auch eindeutig beschrieben.
Die Ärzte der Welt argumentieren weiter, es sei auch keine spezifische Herstellungsmethode dargelegt. Die Organisation will das Patent zu Fall bringen, um die Herstellung von kostengünstigeren Generika zu ermöglichen. Die Behandlungskosten könnten je nach Land bei bis zu 60.000 Euro liegen.
Allein in Deutschland seien die Krankenkassen mit Milliardenkosten konfrontiert. Dem Einspruch haben sich neun Pharmafirmen aus verschiedenen Ländern angeschlossen, darunter Hersteller von Generika. In Indien wurde das Patent zunächst nicht erteilt.
In Deutschland leiden rund 270.000 Menschen an Hepatitis C. „Würde man alle behandeln, entstünden Kosten in Höhe von mehreren Milliarden Euro“, sagte Ute Zurmühl von Ärzte der Welt. Es gehe nicht darum, alle Patente abzuschaffen. Die Verbindung mit hohen Preisen gefährde aber zunehmend das solidarische Gesundheitssystem.
Der Pharmabereich zählt laut EPA-Pressesprecher Rainer Osterwalder zu den großen Anmeldegebieten für Patente. Nur in jedem dritten Fall werde das Patent aber tatsächlich erteilt.
Rund 600 Euro kostet derzeit laut Ärzte der Welt eine einzige Pille des Lebermedikaments. Bis Generika-Hersteller sie womöglich billiger herstellen dürfen, können Jahre vergehen. Denn wie die Einspruchsabteilung des EPA auch entscheidet – voraussichtlich wird die unterlegene Partei Beschwerde einlegen. Dann muss eine Technische Beschwerdekammer entscheiden.
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