„Novartis-Connection“

Heilpflanzenwohl: Apotheker trifft CEO trifft Milliardär

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Berlin -

Refigura, Gelencium, Rheumagil: Die großen Marken von Heilpflanzenwohl kennt wohl jeder Apotheker. Obwohl das Unternehmen zu den am schnellsten wachsenden OTC-Herstellern gehört, ist es selbst weitgehend unbekannt. Dabei ist es schon aufgrund seiner Protagonisten eine Geschichte Wert.

Firmenchef Dr. Hari S. Krishnan ist Apotheker, doch den Kittel hat er schon vor Jahren an den Nagel gehängt. Nach dem Studium in Frankfurt und der Promotion an der Humboldt-Universität in Berlin macht er stattdessen Karriere: Nach drei Jahren bei McKinsey geht er 2002 zu Novartis, wo er es vom Vertriebsmitarbeiter in den USA bis zum CEO in Dänemark, Marketingchef in Deutschland und schließlich CEO in Russland bringt.

2012 kommt er zu ProSiebenSat.1 – hier leitet er zunächst die Beteiligungsfirma SevenVentures, später steigt er im Konzern zum Chief Operating Officer auf. In Ismaning hat drei Jahre zuvor Thomas Ebeling den Vorstandsvorsitz übernommen – wie Krishnan war er zuvor bei Novartis: von 2000 bis 2007 als Pharma-CEO, danach als Leiter des weltweiten OTC-Geschäfts.

An dieser Stelle muss kurz die Geschichte eines weiteren ehemaligen Novartis-Managers erzählt werden: Dr. Clemens Fischer hatte beim Pharmakonzern unter Ebeling gearbeitet und sich 2009 mit dem heute unter dem Namen PharmaSGP firmierenden Unternehmen selbstständig gemacht. Sein Geschäftsmodell: Alte Zulassungen und Registrierungen aufkaufen, neuen Anstrich verpassen und mit viel Werbung in den Markt drücken. Auf den Kanälen seines einstigen Mentors bekommt er Sendeplätze – gegen Umsatzbeteiligung.

Nach ersten Startschwierigkeiten zieht das Geschäft an – und läuft mit der Zeit so gut, dass Fischer es im Juni 2020 sogar an die Börse bringen wird. Das können wir auch, mögen sich Krishnan und Ebeling gedacht haben. Und so gibt der Apotheker seinen Job beim Konzern auf und gründet mit Heilpflanzenwohl seine eigene OTC-Firma mit Sitz in der Schweiz und Büro in Berlin.

Die Anfänge sind schlicht: Im Stadtteil Moabit mietet Krishnan schmucklose Räume an, hier arbeiten Krishnan und Stephan Walz, ebenfalls Apotheker und langjähriger Geschäftsführer von Aristo, zunächst an der LaGeSo-Zertifizierung. Parallel besorgt sich Krishnan diverse Zulassungen; Rheumagil etwa beruht auf einem homöopathischen Komplexmittel, das er einer Apotheke am Chiemsee abkauft.

Gemeinsam mit seinem Team baut er die ersten Marken auf. Als sogenannte Gründer bekommen die Produktmanager die Verantwortung für ein bis zwei Marken und werden unternehmerisch am Erfolg beteiligt. „Im Grunde sind wir eine Plattform für Talente mit Unternehmer-Gen“, sagt Krishnan.

Starke Unternehmer-Gene finden sich auch im Kreis der Gesellschaft: So unscheinbar die Anfänge sind, so illuster ist der Investorenkreis, den Krishnan für das Projekt gewinnt. Neben Ebeling, der gemeinsam mit seiner Familie 38 Prozent der Anteile übernimmt, kommen weitere prominente Geldgeber an Bord:

  • Erhard Heck, langjähriger OTC-Chef bei Novartis erst für Deutschland und dann für ganz Europa, hat nach der Fusion mit GlaxoSmithKline (GSK) 2015 gerade seinen Posten frei und sich als Berater selbstständig gemacht.
  • Dr. Thomas Strüngmann hat 2006 den Generikakonzern Hexal für rund 6 Milliarden Euro an Novartis verkauft und sich seitdem nicht nur bei zahlreichen Biotechfirmen, sondern auch einigen Generika- und OTC-Herstellern wie Aristo, Klinge, Strathos (Sidroga/Emser), Neuraxpharm (mittlerweile weiterverkauft) und zuletzt Galderma eingekauft.
  • Metin Colpan schließlich hatte in den 80er-Jahren die Biotechfirma Qiagen mitgegründet und bis 2004 als CEO geführt.

Über seine Investoren sagt Krishnan, dass sie nicht nur Finanziers, sondern auch Freunde und gute Sparringspartner seien. Und tatsächlich wird die gemeinsame Firma, so unscheinbar sie bisweilen daher kommt, nach höchsten unternehmerischen Standards geführt.

Bei Heilpflanzenwohl soll nichts dem Zufall überlassen werden. Ganz Apotheker, ist Krishnan überzeugt, dass standardisierte Prozesse ein wesentlicher Erfolgsfaktor sind: „Wer eine gute Marke aufbauen will, der darf nicht auf günstige Fügung hoffen“, sagt Krishnan. „Durch die daten- und faktenbasierte Herleitung lassen sich die unternehmerischen Risiken deutlich senken.“

Die Marken sollen stets nach derselben Blaupause eingeführt werden: Eingängige Markennamen mit hoher assoziativer Kraft sollen dem Verbraucher schnell signalisieren, wofür sie eingesetzt werden können. Beim Launch setzt Heilpflanzenwohl dann auf starken medialen Druck: Zunächst wird über Print-Kampagnen und eine offensive Vermarktung im Internet Nachfrage generiert werden. Läuft es gut, werden auch über TV-Spots potenzielle Kunden in die Apotheke gelotst.

Die Zeit der Media-Deals ist allerdings vorbei – wohl auch weil Ebeling seinen Posten bei ProSiebenSat.1 vor zwei Jahren abgeben musste. Bis dahin hatte der Konzern gegen eine Beteiligung am Umsatz und eventuellen Veräußerungserlösen Werbeleistungen mit einem Bruttomediavolumen von 21 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Ebeling, so steht es in den Unterlagen des Konzerns, hatte sich aus den Verhandlungen und Genehmigungen durch den Vorstand rausgehalten und vielmehr ein externes Gutachten zu den Konditionen einholen lassen.

Doch diese Unterstützung aus der Anfangszeit braucht Heilfpflanzenwohl nicht mehr. Das Unternehmen gehört seit der Gründung zu den am schnellsten wachsenden OTC-Herstellern hierzulande; alleine im vergangenen Jahr legten die Abverkäufe laut Insight Health um 44 Prozent auf 32 Millionen Euro (Apothekenverkaufspreise, AVP) zu.

„Wir haben viel darüber gelernt, was im OTC-Markt funktioniert und was nicht“, sagt Krishnan, der Heilpflanzenwohl gerade erst am Anfang einer langfristigen Erfolgsstory sieht. Die „advertoriale Strategie“ will er nicht aufgeben, doch er will in der kommenden Zeit mehr und mehr das Interesse der Apotheker wecken. „Wir wollen die Fachkreise mit auf die Reise nehmen.“ In den kommenden Jahren soll ein bis zu zehnköpfiger Außendienst aufgebaut werden, auch Schulungen sind geplant. „Das wird uns einen Entwicklungsschub geben.“

Nicht nur mit einem guten Stücknutzen will er die Pharmazeuten überzeugen, sondern auch mit zufriedenen Kunden. Bereits heute seien die Wiederkäuferquoten hoch, auch weil er mit seinen Produkten diverse chronische Indikationen abdecke, die bislang vernachlässigt wurden. „Ich bin überzeugt davon, dass man nur mit innovativen Produkten nachhaltig erfolgreich sein kann“, sagt Krishnan.

Mit alten homöopathischen Zulassungen alleine will er künftig aber nicht mehr unterwegs sein; vielmehr will er nach dem Überraschungserfolg des Spargelprodukts Nyrax („Man riecht die Wirkung!“) schon in den kommenden Monaten verstärkt in den Bereich der pflanzlichen Arzneimittel vorstoßen. Auch hier will er sich auf Nischen fokussieren, in denen es nur wenig Wettbewerb, aber einen hohen therapeutischen Bedarf gibt.

Mit mehr als 20 Zulassungen und Projekten ist die Pipeline laut Krishnan gut gefüllt. Das Portfolio soll dabei breit gestreut sein: Jeweils ein Drittel sollen auf Phytopharmaka, Homöopathika und Medizinprodukte entfallen. „Wir wollen uns nicht auf einen Bereich festlegen lassen. Allen unseren Produkten ist aber gemein, dass sie einen ‚biologischen Anker‘ haben“.

Um das Portfolio kümmert sich der Chef übrigens immer noch selbst: „Ich habe jeden Tag neue Ideen für neue Produkte. Was hilft, ist auch meine Erfahrung als Apotheker. Dort bekommt man ständig Anregungen für neue Produkte.“

 

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