In den Niederlanden wird ein neuer Versender aus der Taufe gehoben – und die Gründer kommen aus der Führungsriege von DocMorris. Nachdem sie mit dem Verkauf von Medpex vor fünf Jahren einen dreistelligen Millionenerlös erzielt hatten, treten drei Versandprofis aus Mannheim jetzt mit einem neuen Konzept an.
Healthii heißt eine neue Versandapotheke mit Sitz in den Niederlanden, die laut internen Planungen noch im Dezember an den Start gehen soll. Hinter dem Newcomer stehen drei Gründer, die seit Anfang 2020 der Führungsriege von DocMorris in Deutschland angehörten: Frank Müller war Chief Marketing Officer (CMO), Tobias Kindlieb fungierte als Chief Technology Officer (CTO) und Ulrich Spindler war als Chief Integration Officers (CIO) für die Integration der in den Jahren zuvor erworbenen Versender zuständig.
Gemeinsam mit Franz Bichler, Inhaber der Stifts-Apotheke in Ludwigshafen, hatten die drei Unternehmer bereits 2003 den Versender Medpex aus der Taufe gehoben. Wie bei ähnlichen Konstellationen war die Apotheke formal für das Geschäft verantwortlich; die Prozesse dahinter wurden von verschiedenen Kapitalgesellschaften wie Comventure und Visionrunner gesteuert, denen auch die Domain und die Marke gehörten. 2018 wurde mit Esando auch ein Ableger in Venlo gegründet; noch heute wird die Marke genutzt für Aktivitäten auf Amazon.
Anfang 2019 wurden die Versandaktivitäten von Medpex für die vorläufige Rekordsumme von 175,8 Millionen Euro an Zur Rose verkauft; der DocMorris-Mutterkonzern zahlte zunächst 115,5 Millionen Euro, Anfang 2020 wurden weitere 39 Millionen Euro ausbezahlt. Da ein Teil des Kaufpreises außerdem in Aktien abgegolten wurde, gehörten Spindler, Kindlieb, Müller sowie Apothekerin Christiane Maria Bülow-Bichler zeitweise mit einem Paket von 4,5 Prozent zu den größten Aktionären von Zur Rose.
Im Oktober 2022 schloss Bülow-Bichler die Apotheke, die sie von ihrem Vater übernommen hatte. Daraufhin integrierte der Mutterkonzern die Aktivitäten in Heerlen; Spindler, Kindlieb und Müller verließen den Versender.
Im dritten Quartal 2023 wurde die Gründung von Healthii in Angriff genommen: Das Team erwarb den niederländischen Versender „Hybrid Apotheke“ und dessen Geschäftsräume in Belfeld, einem Vorort von Venlo. In dem Gewerbegebiet, in dem der Newcomer gerade eine Halle bezieht, ist auch die „Beraterapotheke“ ansässig, ein 2014 gegründeter Ableger des Versandhauses „Diabetikerbedarf db“.
Mit 250 Quadratmetern hat Healthii zunächst nur wenig Platz, allerdings werden die Aktivitäten auch von Mannheim aus gesteuert; hier hat das Team Büros im Technologiezentrum Manifex bezogen. Spindler, Kindlieb und Müller haben große Pläne: Laut internen Planungen soll im kommenden Jahr zwar nur ein Umsatz von weniger als zehn Millionen Euro erlöst werden, doch 2028 soll Healthii bereits rund 55 Millionen Euro erzielen. Gewinne werden im Businessplan vorerst nicht angepeilt.
Einen Investor gibt es offenbar nicht, stattdessen wurden bereits zwei leitende Mitarbeiter aus dem IT-Bereich als Gesellschafter an Bord genommen; für weitere Beteiligungen scheint man offen zu sein. Denn die Gründer machen sich keine Illusionen, dass sie einen langen Atem brauchen werden: „Wir werden zunächst einen Wettbewerbsnachteil haben, da wir fast alles über den Großhandel kaufen und unsere Marketingbemühungen noch nicht teilweise von der Industrie gesponsert werden“, heißt es in einem internen Memo.
Nachdem die Position des Chefapothekers zunächst mit dem früheren Leiter von Delmed besetzt werden sollte, wurde zuletzt offenbar eine niederländische Pharmazeutin unter Vertrag genommen. Aktuell werden deutsche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesucht. So werden etwa PTA mit einem übertariflichen Gehalt plus Starterbonus von 3000 Euro sowie „attraktiven Arbeitszeiten (z.B. keine Samstage)“ gelockt. Man bekomme Einblicke in den Aufbau eines Start-ups, mit einem enthusiastischen Team an der Seite und einem „familiären Arbeitsklima und Duz-Kultur“.
Parallel sind die Gründer auf Akquise bei der Industrie. Gesucht werden Partner, die nicht nur gute Konditionen anbieten, sondern auch ein sechsmonatiges Valuta- beziehungsweise Rückgaberecht. Mehr als 100 Packungen würden zunächst nicht benötigt; im Gegenzug verspreche man eine attraktive Platzierung bis hin zum eigenen Markenshop.
„Der Gesundheitsmarkt erlebt derzeit endlich die digitale Transformation“, heißt es vom Unternehmen. „Wir wollen aus den neu entstehenden Möglichkeiten innovative Produkte schaffen, die es Menschen ermöglichen ihre Gesundheit besser zu managen.“
Konkret: „In einem ersten Schritt werden wir eine kundenzentrierte, moderne Online-Apotheke aufbauen, die durch Qualität und innovative Health-Services ein Wow-Erlebnis bei unseren Kunden auslösen soll.“ Man habe bereits erfolgreich Marken, Webshops, mobile Apps, ERP-Systeme und Logistikzentren aufgebaut. „Mit teilweise 20 Jahren Erfahrung in der Branche verfügen wir über ein großes Netzwerk aus Lieferanten und Pharmazeuten, was uns den Markteintritt erleichtert. Unsere Apotheke ist schlank und agil. So können wir neuen Kundennutzen schnell realisieren.“