Ob als Reimport, Generikum oder patientenindividuelle Rezeptur: Der Berliner Hersteller Haemato Pharm beziehungsweise dessen Schwesterfirmen können Zytostatika und andere Medikamente für schwer chronische Erkrankungen in allen möglichen Varianten liefern. Der Weg zum Patienten wird jetzt noch kürzer: Ein leitender Angestellter aus der Firmengruppe hat vor kurzem eine Apotheke eröffnet – direkt neben dem Firmensitz in Schönefeld.
Der Ortsteil Waltersdorf ist Berlinern vor allem wegen seines großen Einkaufszentrums ein Begriff. Direkt gegenüber von Ikea & Co. führt eine Nebenstraße in ein kleines Gewerbegebiet; dort ist in zweiter Reihe in mehreren zweistöckigen Gebäuden Haemato untergebracht. Im letzten Containerblock vor dem Feld hat jetzt die Lilienthal-Apotheke eröffnet. Die Offizin liegt so versteckt, dass man selbst in der Apotheke im Shoppingpark noch nichts vom neuen Konkurrenten mitbekommen hat.
Inhaber der Apotheke, die mit minimaler Sicht- und ohne Freiwahl auskommt, ist Dr. Michael Wackernagel. Der 47-jährige Pharmazeut mit Wohnsitz in Scharbeutz bei Timmendorfer Strand hat lange für Novartis gearbeitet und war zuletzt Verkaufsleiter bei Pharm Allergan, bevor er vor anderthalb Jahren Geschäftsführer bei Healthcare Solutions wurde.
Das Unternehmen gehört wie Haemato zur Mittelständischen Pharma Holding (MPH) und bietet unter dem Motto „Beraten. Bewegen. Bewirken.“ seinen Kunden Hilfe in Prozess-, Marketing- und Vertriebsfragen an. „Beratungsleistungen für Apotheken“, lautet eine weitere verkürzte Beschreibung.
Auf Nachfrage wollte Wackernagel sich nicht zu seinen beruflichen Aktivitäten äußern. Zu Interna des Unternehmens könne er nichts sagen; seine Tätigkeit für Healthcare Solutions sei nebenberuflich. Die Apotheke sei ein „ganz normaler Apothekenbetrieb“, auch der Standort sei nicht ungewöhnlich.
Das sehen die Apotheker der Region anders. Sie finden es unmöglich, dass Patienten im Notdienst der Weg in den Gewerbepark zugemutet wird, und mutmaßen schon aufgrund der räumlichen Nähe zum Hersteller, dass die Apotheke einen ganz anderen Schwerpunkt als den Handverkauf in der Offizin hat.
Tatsächlich könnte der neue Nachbar das Geschäftsmodell des Herstellers hervorragend ergänzen. Zur Haemato-Gruppe gehört nämlich auch der Herstellbetrieb Pharmigon, dessen Verwaltung in Berlin angesiedelt ist, dessen Werkbänke aber in Donauwörth stehen. Das Gemeinschaftsprojekt mit dem Münchener Apotheker Helmut Beyerlein macht bislang einen Großteil seines Umsatzes von zuletzt acht Millionen Euro mit einem einzigen Kunden – Beyerleins Grillparzer Apotheke. Mit einer zusätzlichen Apotheke in der Hauptstadt könnten neue Aufträge geholt werden, über einen Arzt-Außendienst von Healthcare Solutions beispielsweise.
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