Plattform verspricht Arzneimittel in 30 Minuten

Gründer spielen Express-Apotheke

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Berlin -

„Deutschlands erster Sofort-Lieferdienst für Apotheken“, mit diesem Slogan wirbt die nächste Plattform für Arzneimittel. „First A“ aus Berlin verspricht, innerhalb von maximal 30 Minuten Medikamente bis vor die Haustür zu liefern. Doch noch hapert es bei der App gewaltig – und wohl auch beim Konzept.

„First A ist das ‚Flink für Medikamente‘“, teilt die Firma Aurora Gesundheit zum Launch ihres neuen Konzepts mit. „Anders als bekannte Sofort-Lieferdienste, greift First A nicht auf sogenannte Dark Stores zurück, sondern arbeitet eng mit lokalen und inhabergeführten Apotheken zusammen.“ Damit mache man nicht nur Kund:innen das Leben leichter, sondern unterstützte auch Apotheker:innen bei der Digitalisierung.

Die App funktioniert demnach wie bekannte Lieferdienste für Lebensmittel: Nach der Registrierung können Kund:innen die gewünschten Produkte auswählen und bequem nach Hause bestellen. Nach spätestens 30 Minuten liefert ein Fahrradkurier die Ware, werktags und am Wochenende bis 22 Uhr. „Schneller und persönlicher als jede Online-Apotheke“, wirbt das Unternehmen. „Wir sind dein Retter in der Not. Du musst nicht krank das Bett verlassen, sondern erhältst dein Medikament direkt zur Haustür geliefert – in Blitzgeschwindigkeit.“

Bestellt werden kann ab einem Einkaufswert von 1 Euro, die Lieferkosten betragen 2,50 Euro. Zum Start ist das Angebot auf die Berliner Bezirke Mitte und Prenzlauer Berg beschränkt, bald schon aber in ganz Deutschland verfügbar: Nach dem „erfolgreichen Launch“ arbeite man daran, neue Geschäftsgebiete zu erschließen. Dazu gehört etwa der Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln und Pflegeprodukten direkt durch First A. „Auch wird es bald möglich sein, rezeptpflichtige Medikamente über First A liefern zu lassen.“

Bei pharmazeutischen Fragen zu den richtigen Medikamenten können sich Kund:innen außerdem via Chat direkt an First A wenden. „In kürzester Zeit wird man mit einem Apotheker oder einer Apothekerin verbunden“, verspricht das Unternehmen, das nach eigenen Angaben auch Ärzt:innen und Pharmazeut:innen im Team hat.

Nachprüfen lassen sich die Versprechungen nicht, denn die App ist zwar in den Stores zu finden, funktioniert aber noch nicht: „Wir sind bald für Dich da!“, heißt es auf dem iPhone. Die Android-Version lässt sich zwar öffnen, stürzt aber permanent ab. Weder lässt sich eine Lieferadresse anlegen, noch ein Account eröffnen oder ein Produkt bestellen. Mitunter taucht auch der Hinweis auf, man habe „derzeit geschlossen“. Klickt man in einem der kurzen Momente auf Beratung, öffnet sich ein Chat bei Whatsapp.

Immerhin gibt es eine Website, hier präsentiert sich die Plattform als „Deine lokale Apotheke – online“. Weiter heißt es: „Wir liefern dir täglich deine Medikamente an die Haustür – zu Apothekenpreisen.“ In den AGB und FAQ finden sich einige Widersprüche. So werden die Geschäftszeiten werktags von 9 bis 19 Uhr angegeben und samstags von 9 bis 13.30 Uhr. „Es finden keine Lieferungen an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen statt.“ Auch von Beratung ist plötzlich keine Rede mehr: „First A selbst erbringt keine medizinischen oder pharmazeutischen Dienstleistungen in eigenem Namen. [...] Pharmazeutische Beratung und berufsrechtliche Pflichten aus dem Erwerb von Arzneimitteln werden von den verantwortlichen Apotheken im First A Netzwerk erbracht.“

Erklärt wird auch, wie das Konzept rein rechtlich funktionieren soll: „Bei einer Bestellung über First A erwirbt der Kunde grundsätzlich einen produktbezogenen Medikamentengutschein bei First A zur Einlösung bei der jeweiligen Vor-Ort Apotheke im First A Netzwerk. Der Kaufvertrag über diese apothekenpflichtigen Arzneimittel entsteht in diesen Fällen direkt zwischen dem Patienten und der Netzwerkapotheke, der Kaufpreis der Produkte wird durch Übermittlung des zuvor erworbenen Medikamentengutscheins beglichen.“

Die „Zuteilung der Apotheke“ erfolgt dabei auf Basis der Lieferadresse durch First A, wie es heißt. Dies sei notwendig, um eine schnelle Lieferung zu ermöglichen. Im Klartext: „Eine Wahlmöglichkeit einer bestimmten Apotheke im First A Netzwerk oder außerhalb des Netzwerkes ist ausgeschlossen. Der Gutschein ist an die jeweilige Apotheke gebunden.“

Aktuell beteiligen sich einer Sprecherin zufolge rund 50 Apotheken an dem Projekt. Hört man sich vor Ort um, ist das Projekt derzeit allerdings kein großes Thema.

Die „dynamische Gründerin“ Antonie Jo Nissen will Apotheken laut eigenem Bekunden dabei helfen, sich an die veränderten Service-Ansprüche ihrer Kund:innen anzupassen. „Unsere regulären Grundversorger dürfen bei der Digitalisierung und in der Telemedizin nicht vergessen werden. Lokale Apotheken schaffen somit – ohne großen Aufwand – den Sprung in das digitale Zeitalter. Eine Win-Win-Situation für Kund:innen und Apotheker:innen gleichermaßen“, sagt die 24-Jährige, die zuvor als Investmentanalystin bei der Bank JPMorgan tätig war.

Auch ihr Partner Leif Harry Löhde kommt von JPMorgan; er ist auch Geschäftsführer von Perla Health, einer Website, die Frauen mit der Stoffwechselstörung Polyzystisches Ovar-Syndrom anspricht. Auch ihr gemeinsames Unternehmen hatte ursprünglich eine weibliche Klientel im Visier: Unter dem Namen Aurora Frauengesundheit stand vor einem Jahr zunächst der Vertrieb von Produkten zur Familienplanung und Unterstützung der Fruchtbarkeit im Fokus.

Doch daraus wurde offenbar nichts: Erst nach der Neuausrichtung auf den Apothekenmarkt konnten die beiden jungen Gründer mit Liberty Ventures vor kurzem einen Investor gewinnen.

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