Personalberater zu Fachkräftemangel

„Großhandelsmanager brauchen Biss“

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Berlin -

Der pharmazeutische Großhandel findet nur schwer Mitarbeiter in der Führungsebene. Der Headhunter Peter Sothmann von der Frankfurter Personalberatung Boyden rekrutiert Manager im Auftrag der Unternehmen. Bei der begrenzten Zahl von Managern in der Branche muss er auch extern nach geeigneten Kandidaten suchen. Im Interview mit APOTHEKE ADHOC erklärt er, warum der Großhandel für viele exotisch ist, wie er mögliche Anwärter lockt und woran es besonders fehlt.

ADHOC: Warum hat der Großhandel Personalprobleme?
SOTHMANN: Der Markt ist umkämpft und reguliert. Der Talentpool ist aufgrund der Marktenge sehr klein – in diesem Bereich gibt es rund 120 aktive Vertriebsführungskräfte. Bei fünf großen Anbietern gibt es immer nur eine begrenzte Anzahl an Menschen, die in dem Bereich tätig sind. Aufgrund dieser Struktur ist es immer schwierig gewesen, geeignete Führungskräfte zu finden. Man kann jedoch jede Position besetzen, letztlich ist es nur eine Frage der Mittel, die eingesetzt werden.

ADHOC: Werben die Großhändler nicht genug für ihr Geschäft?
SOTHMANN: Für eine intensive Rekrutierungspolitik und groß angelegte Werbekampagnen fehlen der Branche oft der Wille und die Mittel. Der Pharmagroßhandel ist im Vergleich mit anderen Handelsunternehmen margentechnisch besonders eingeschränkt. Für große Imagekampagnen – wie sie große Unternehmen mit ähnlichen Problemen wie Siemens fahren – stehen nicht ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung. Das Budget für große Kampagnen reicht nicht.

ADHOC: Müssen Sie externen Managern das Geschäft erst erklären?
SOTHMANN: Ja. Viele Kandidaten von außerhalb kennen die Branche nicht gut genug und können mit Pharmagroßhandel zunächst nichts anfangen. Bei Arzneimittelherstellern gibt es dieses Problem nicht, die kennt man. Manager, die wechselwillig sind, schauen zunächst nicht auf den Pharmagroßhandel. Die Branche kommt leider zu kurz.

ADHOC: Wie überzeugen Sie sie?
SOTHMANN: Ich glaube, keiner verlässt ein Unternehmen nur wegen des Geldes. Wichtig sind Aufstiegsmöglichkeiten, Transparenz und eine gute Unternehmenskultur. Anders etwa als im Foodbereich gibt es im Pharmagroßhandel meist flache Hierarchien. Man kann viel gestalten und bewegen. Hier haben gerade im E-Commerce-Bereich Manager die Möglichkeit, eigene Impulse zu setzen.

ADHOC: Haben externe Manager Vorurteile gegenüber dem Pharmagroßhandel?
SOTHMANN: Nein, generelle Bedenken gegenüber der Branche gibt es nicht. Man muss jedoch Überzeugungsarbeit leisten. Wenn ich jemanden im Gespräch habe, der den Markt nicht kennt, und ihn heranführe, ist er meist von den Möglichkeiten überrascht. Die Manager aus anderen Branchen kennen die Größenordnung bezogen auf die Umsätze nicht und sind nach der Erläuterung meist interessiert, wenn nicht sogar vom Potenzial begeistert.

ADHOC: Wildern sie in anderen Branchen?
SOTHMANN: Es gibt einen Trend, offene Stellen mit Führungskräften aus dem Konsumgüterbereich zu besetzen. Hier sollte man also allein aufgrund des gesuchten Managerprofils unterwegs sein und nach Kandidaten Ausschau halten. Ich habe im Food-Bereich gute Erfahrungen gemacht. Die Strukturen sind ähnlich. Der Lebensmittelmarkt ist ebenfalls hart umkämpft und reguliert. Naheliegend ist auch der Drogeriebereich, da es Schnittstellen zum Pharma- und Apothekenmarkt gibt wie beispielsweise ähnliche Produkte und Kategorien. Allerdings gibt es auch hier nur eine sehr eingeschränkte Zahl an in Frage kommenden Unternehmen.

ADHOC: Welche Qualitäten müssen Manager im Pharmagroßhandel mitbringen?
SOTHMANN: Sie müssen Biss und Hartnäckigkeit und Spaß an der Arbeit auf der Fläche haben. Sie sollten den intensiven Wunsch haben, in einem schwierigen Marktumfeld erfolgreich sein zu wollen. Dieser Wille muss im Pharmagroßhandel wegen der Marktsituation ausgeprägter sein als in anderen Branchen, weil der Wettbewerb hier intensiver ist. In dem hartumkämpften Markt geht es um die langfristige Gewinnung von Kunden. Neukundenpotenzial ist immer vorhanden. Dies alles reizt viele Kandidaten. Die Herausforderung ist ein nicht zu unterschätzender Wechselgrund.

ADHOC: Wo ist der Führungskräftemangel am größten?
SOTHMANN: Gesucht wird vor allem im Vertrieb. Im vergangenen Jahr hatte ich eine zweistellige Anzahl an Aufträgen im Großhandel. Davon waren etwas mehr als die Hälfte der Suchen im Vertrieb. Bedarf gibt es auch im Einkauf oder in speziellen Abteilungen wie im Pricing. In diesen Bereichen suchen auch besonders viele Handelsunternehmen. Es gibt zu wenige Führungskräfte, die Experten auf diesem Gebiet sind und neue Preismodelle entwickeln können. Gesucht sind auch gute Digital-Manager mit relevanter Business-Erfahrung.

ADHOC: Wozu brauchen Großhändler Digital-Manager?
SOTHMANN: In dem Bereich wird immer öfter gesucht. Die Zeiten der Nerds sind allerdings vorbei. Der Handel sucht Kandidaten, die sowohl Digital- als auch Geschäftsknowhow mitbringen. Digitale Expertise ist heute kein exotisches Alleinstellungsmerkmal, sondern fast schon obligatorische Voraussetzung. Auch die Großhändler bringen immer mehr Online-Angebote auf den Markt. Sie beschäftigen sich mit großen Plattformen wie Amazon und versuchen, Angriffe abzuwehren. Es geht immerhin um ihre Kunden, die Vor-Ort-Apotheken. Ohne gute Manager mit digitalem Knowhow ist es auf lange Sicht kaum möglich, in diesem Wettbewerb zu bestehen.

ADHOC: Die hierzulande aktiven Großhändler sind von der Unternehmensstruktur her sehr unterschiedlich. Wie stellen sie sicher, dass es letztlich passt?
SOTHMANN: Die Fachlichkeit eines Kandidaten lässt sich schnell erkennen. Aber einzuschätzen, ob er zum Betrieb passt, ist die Herausforderung für Personalberater. Extrem wichtig sind persönliche Gespräche, die bis zu drei Stunden dauern können. Die Menschen und Unternehmenskulturen müssen zueinander passen. Für einen Geschäftsführerposten identifiziere ich in der Regel 15 Personen. In die nächste Runde kommt etwa die Hälfte. Letztlich empfehle ich drei bis vier.

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