AEP wegen Skonto abgemahnt Alexander Müller, 03.12.2014 10:16 Uhr
Die Wettbewerbszentrale will die Zulässigkeit von Großhandelsskonti vor Gericht prüfen lassen. Der Großhändler AEP Direkt hat in der vergangenen Woche eine Abmahnung aus Bad Homburg erhalten. Demnach ist jeder Skonto unzulässig, der zusammen mit dem Rabatt eine Schwelle von 3,15 Prozent übersteigt. AEP warnt vor dramatischen Folgen für die Apotheker und will sich notfalls auf einen Rechtsstreit einlassen.
Hintergrund ist die mit dem AMNOG fixierte Großhandelsspanne: Seit 2012 erhalten die Großhändler 3,15 Prozent auf den Herstellerabgabepreis zuzüglich einer Fixpauschale von 70 Cent pro Packung. Nur aus dem variablen Teil dürfen sie den Apotheken Rabatte gewähren. Diskutiert wird aktuell, ob oder ab welcher Höhe gewährte Skonti diesen Rabatten zugerechnet werden müssen.
Aus Sicht der Wettbewerbszentrale bedeutet die Regelung, dass alle Rabatte und sonstige Vergütungen nur bis zu der Höhe des Höchstzuschlags gewährt werden dürfen. Die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) gebe darüber hinaus keinen Spielraum – egal ob die Großhändler den Preisnachlass als Skonto bezeichneten.
Die Wettbewerbszentrale zieht die Parallele zu einem Verfahren, das sie 2011 vor dem Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) gewonnen hat. In diesem Fall hatte ein Apotheker seinen Kunden Skonto gewährt – das Gericht verbot dies als versteckte Rx-Boni. Gleiches muss aus Sicht der Wettbewerbszentrale auch für die Großhandelszuschläge gelten: Der Gesetzgeber sei für eine strikte Einhaltung der Preisbindung, vor diesem Hintergrund sei auch die Skonto-Gewährung des Großhandels über den Höchstzuschlag hinaus wettbewerbswidrig.
Der Arzneimittelrechtsexperte Dr. Elmar Mand hatte dagegen auf eine Unterscheidung zwischen „echten“ und „unechten“ Skonti hingewiesen, die auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Buchpreisbindung zurückgeht. Beim echten Skonto wird demnach eine zusätzliche Leitung vergütet – in diesem Fall die vorfällige Zahlung.
Beim „unechten Skonto“ ist die Gegenleistung nach dem Äquivalenzprinzip nicht mehr angemessen. Demnach wären sehr hohe Skonti oder solche mit ungewöhnlich langen Zahlungszielen faktisch zusätzliche Rabatte. Mand zufolge müssten zumindest Skonti bis 1 Prozent unabhängig von der Höhe der sonstigen Rabatte nach wie vor zulässig sein.
Bei AEP wundert man sich über die Abmahnung: „Nach unserer Einschätzung sind wir juristisch komplett sauber und haben das Preissystem intensiv wettbewerbsrechtlich prüfen lassen“, sagt Geschäftsführer Jens Graefe. AEP sei der einzige Großhändler, der im Rx-Sortiment „echte“ Skonti gewähre und keine Ausschlüsse mache. Zuzüglich zu 2 bis 3 Prozent Rabatt gibt es 2,5 Prozent Skonto, unabhängig von Umsatzsschwellen oder Bestellmengen. „Wenn unser echter Skonto unzulässig sein sollte, wären es die Skonto- und Bonusmodelle der Wettbewerber allemal“, so Graefe.
Die Wettbewerbszentrale hat angekündigt, ein zweites Verfahren zu versteckten Rabatten zu führen. Welcher Großhändler mit dieser Variante angegriffen wird, ist bislang nicht bekannt. Inhaltlich könnte es dabei um Umsatzschwellen und gekoppelte Boni oder genossenschaftliche Rückvergütungen gehen.
Graefe macht die Parallelität der Ereignisse stutzig: „Erst erscheinen juristische Gutachten zu dem Thema, dann startet eine Skontokürzungswelle der Wettbewerber und dann werden wir abgemahnt.“ Er glaubt nicht an Zufälle: „Aus meiner Sicht ist das eine breit angelegte und abgestimmte zweite Welle der Konditionenrückführung mit dem Ziel, die Einkaufskonditionen der Apotheke nachhaltig und unumkehrbar zu verschlechtern und gleichzeitig auf AEP als einziges Unternehmen, dass die Konditionen stabil lässt, abzielt“, so Graefe.
Der AEP-Geschäftsführer warnt vor einer Abschaffung des Skontos auf Kosten der Apotheke. Denn auch der Großhandel würde nach der Logik der Angreifer nichts gewinnen: Sollte das Preisrecht berührt sein, dürften die Hersteller den Großhändlern gar keinen Skonto mehr gewähren, so Graefe. Auch im Direktgeschäft wäre der Herstellerabgabepreis absolut bindend, Skonto also unzulässig. „Das hätte extreme Auswirkungen auf den gesamten Pharmamarkt zu Lasten der Apotheke“, so Graefe.
AEP will es daher auf eine rechtliche Klärung ankommen lassen. Da keine Eilbedürftigkeit mehr bestehe, rechnet man in Alzenau auch nicht mit einer einstweiligen Verfügung.
Zu einem Musterprozess zur Klärung dieser grundsätzlichen Frage sei man aber bereit. Dann sollte sich Graefe zufolge aber auch die gesamte Branche an der Finanzierung der Gerichtskosten beteiligen. AEP betont, dass die Kunden nicht betroffen seien, solange AEP nicht gerichtlich gezwungen sei, die Preismodelle zu ändern.
Die Wettbewerbszentrale ist ebenfalls nicht an Schnellschüssen interessiert. Die Frist zur Stellungnahme ist länger als sonst üblich. Bis Mitte Januar soll sich der Großhändler erklären. Eine kürzere Frist wäre dem Thema auch nicht angemessen, heißt es aus Bad Homburg. Schließlich geht es um Grundsätzliches.
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