Großhandelskonditionen

13. Juli: BGH verhandelt im Skontostreit Alexander Müller, 12.05.2017 09:58 Uhr

Berlin - 

Der Grundsatzstreit um die Einkaufskonditionen der Apotheken läuft auf seinen Höhepunkt zu: Am 13. Juli findet vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe die mündliche Verhandlung im Verfahren Wettbewerbszentrale gegen AEP statt. Für die Apotheken steht viel auf dem Spiel: Sie müssten sich auf Kürzungen bei den Konditionen einstellen, sollte der Großhändler den Prozess verlieren.

AEP gewährt Apotheken 3 Prozent Rabatt sowie 2,5 Prozent Skonto, wenn sie die Rechnung vorfällig zahlen. Aus Sicht der Wettbewerbszentrale verstoßen diese Konditionen aber gegen die Arzneimittelpreisverordnung, da Großhändler nur aus ihrer variablen Marge von 3,15 Prozent Rabatte gewähren dürften.

Vor dem BGH geht es vor allem um die Frage, ob Skonti den Rabatten zugerechnet werden müssen oder nicht. In den Vorinstanzen wurde zudem darüber gestritten, ob Großhändler aus ihrer Fixpauschale von 70 Cent Rabatte gewähren dürfen. AEP findet die Klage der Wettbewerbszentrale überdies rechtsmissbräuchlich, weil aus Sicht des Großhändlers die Konkurrenz dahinter steckt.

Die Wettbewerbszentrale hatte den Großhändler im Dezember 2014 abgemahnt und Mitte März 2015 verklagt. Vor dem Landgericht Aschaffenburg hatte sich der Großhändler durchgesetzt. Nur eine halbe Stunde war am 27. August 2015 verhandelt worden, im Oktober wies das Gericht die Klage der Wettbewerbszentrale ab. Zwar leiteten sich die Wörter Skonto und Rabatt von den italienischen Verben „rabattare“ und „scontare“ ableitete, die beide „abziehen“ bedeuten können. Doch kaufmännisch und buchhalterisch seien die Begriffe eben nicht synonym, heißt es im Urteil.

Das LG war sogar noch weiter gegangen und hatte die komplette Großhandelsmarge für Rabatte freigegeben. Die Großhändler könnten laut Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) nämlich „höchstens einen Zuschlag von 3,15 Prozent zuzüglich eines Festzuschlags von 70 Cent plus Umsatzsteuer“ erheben. Das Gesetz regele mithin „die Möglichkeit für den Großhandel Zuschläge zu erheben, begrenzt diese nach oben, jedoch nicht nach unten“, ist das Gericht überzeugt.

Viele Experten waren sich einig, dass das Urteil zumindest in diesem Punkt nicht halten könnte. Und tatsächlich: Im Berufungsverfahren entschied das Oberlandesgericht Bamberg (OLG), dass die 70 Cent zwingend zu erheben seien, Rabatte aus der Fixpauschale demnach unzulässig seien.

Das OLG setzte zudem – der Wettbewerbszentrale folgend – Skonto und Rabatt gleich. Laut Urteilsbegründung sind Skonti „nichts anderes als eine besondere Art des Preisnachlasses“. Daraus folgt, dass die Maximalkondition dem OLG zufolge 3,15 Prozent beträgt. Wie das LG Aschaffenburg hatte auch das OLG keine Probleme mit der Klage der Wettbewerbszentrale.

Mit besonderer Aufmerksamkeit wird der Skonto-Prozess auch in Merzig verfolgt. Denn Kohlpharma führt selbst ein Verfahren zu seinem Konditionenmodell. Bei „Clever+“ gab es für die Apotheken einen Basisrabatt, der – je nach Status – durch einen weiteren Bonus ergänzt wurde, außerdem 3 Prozent Skonto. Aus Sicht des OLG Saarbrücken gibt es in dem Modell von Kohlpharma aber verdeckte Preisnachlässe und unechtes Skonto. „Clever+“ wurde gerichtlich untersagt.

Der Ausgang des AEP-Prozesses ist daher für den Importeur wichtig. Laut Geschäftsführer Jörg Geller viel wichtiger ist der Prozess allerdings für die Apotheker. Das EuGH-Urteil zu Rx-Boni sei zwar sehr ärgerlich – es werde aber nicht zu massenhaften Apothekenschließungen führen, glaubt Geller. Anders als der Skonto-Prozess. Der könne vielen Apotheken die wirtschaftliche Grundlage entziehen, sollte der BGH die Einkaufskonditionen tatsächlich begrenzen.

AEP-Geschäftsführer Jens Graefe geht ebenfalls davon aus, dass die Apotheken ein für den Großhändler negatives Urteil sehr schnell zu spüren bekommen würden: „Wir dürften dann unsere derzeitige Gesamtkondition in der jetzigen Form nicht mehr gewähren, die anderen Großhändler auch nicht, und würden sicherlich – mit Verweis auf das Urteil – ebenfalls kürzen.“ In diesem Szenario hätten die Genossenschaften mit ihren Dividenden Graefe zufolge noch das attraktivste Geschäftsmodell für die Apotheker – allerdings nur vorübergehend. Im nächsten Schritt dürften nach seiner Einschätzung auch alle sonstigen Vergütungsmodelle der Großhändler, Ausschüttungen oder genossenschaftliche Dividenden auf den Prüfstand kommen.

In der mündlichen Verhandlung Mitte Juli wird sich vielleicht schon abzeichnen, wohin die Reise für die Apotheker geht. Ob die Karlsruher Richter dann schon eine Entscheidung verkünden werden, ist noch nicht klar.