Dürfen Großhändler künftig nur noch Arzneimittel aus Apotheken zurücknehmen, die sie selbst geliefert haben? Um diese Frage streiten derzeit die Grossisten und die Aufsichtsbehörden. Derzeit müssen Apotheker lediglich den Bezug vom Großhandel bestätigen – künftig müssen sie womöglich auch nachweisen, dass eine Packung von genau dem Lieferanten stammt, an den sie sie zurückschicken wollen. Aus Sicht der Großhändler ist das in der Praxis kaum machbar und zudem ohne Nutzen.
Konkret betroffen ist die Noweda. Das brandenburgische Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz will der Genossenschaft verbieten, Arzneimittel aus Apotheken zurückzunehmen, wenn diese nicht zuvor auch nachweislich an die Apotheke geliefert wurden.
Der zuständige Inspektor gehört dem Vernehmen nach zu den Hardlinern und hat angeblich sogar schon mit einer Ordnungsverfügung gedroht. Die Noweda hat dem Bescheid nach eigenen Angaben bereits widersprochen und will sich notfalls auch gerichtlich gegen eine behördliche Verfügung zu Wehr setzen.
Laut Noweda geht es bei dem Streit um die Auslegung der Arzneimittelhandelsverordnung (AM-HandelsV). Dort ist festgelegt, dass Medikamente grundsätzlich aus Apotheken zurückgenommen werden können. Während man selbst die Position beziehe, dass damit auch die Rücknahme von Arzneimitteln zulässig sei, die von anderen Großhändlern ausgeliefert wurden, vertrete unter anderem das Bundesgesundheitsministerium (BMG) eine deutlich strengere Auslegung der Vorschrift, heißt es bei der Noweda.
Angeblich soll mit einer strengeren Handhabung das Risiko verringert werden, dass Arzneimittelfälschungen in die legale Lieferkette eindringen. Die Rücknahme größerer Mengen bleibe auf diese Weise nämlich ausgeschlossen, so die Noweda. Aus Sicht der Genossenschaft wäre – würde sich diese Rechtsauffassung durchsetzen – die Rückgabe von Arzneimitteln nur noch mit Kopien der Lieferunterlagen oder der Angabe von Rechnungsnummern möglich.
Das hält die Noweda für „nicht akzeptabel“. Den Apothekern würden wieder einmal zusätzliche bürokratische Maßnahmen aufgebürdet, obwohl das Argument der Arzneimittelsicherheit nicht greife: „Denn bekanntlich wurden über die Lieferkette zwischen dem vollsortierten pharmazeutischen Großhandel und der Apotheke bislang nur äußerst selten gefälschte Arzneimittel in die legale Lieferkette eingeschleust.“
Allerdings bekommen das brandenburgische Gesundheitsamt und das BMG Unterstützung von der EU: Die Richtlinie zur Guten Distributionspraxis (GDP) schreibt vor, dass Arzneimittel aus Apotheken nur dann in den verkaufsfähigen Bestand von Großhandel genommen werden dürfen, wenn dem Händler Nachweise über die tatsächliche Auslieferung des Produkts an die entsprechende Apotheke vorliegen.
Dr. Dieter Starke, Leiter der Expertenfachgruppe Großhandel/Arzneimittelvertrieb der Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG), begrüßt die Klarstellung: Es könne nicht sein, dass 20 Packungen an eine Apotheke geliefert würden, aber 600 zurückkämen, sagte er beim Phagro-Großhandelstag in Berlin.
Diese Vorgabe ist jedoch nicht minder umstritten. Phagro-Vorstandsmitglied Lothar Jenne sieht in der Neuerung keinen Nutzen im Vergleich zu der bisherigen Regelung. Derzeit müssten Apotheken nur den Bezug vom Großhandel bestätigen, künftig „den Bezug der zurückgegebenen Packung von der Großhandlung nachweisen, an die sie sie zurückgegeben wird.“ Wie das angesichts der Vermengung in Apotheken überhaupt machbar sein soll, ist Jenne ein weiteres Rätsel.
Ob tatsächlich in den Apotheken künftig bei jeder Packung der Bezugsweg nachvollzogen werden muss, ist derzeit unklar. Anderenfalls dürfte die Vorgabe in der Praxis wenig Relevanz haben: Die meisten Großhändler nehmen ohnehin nicht mehr Ware zurück als sie ausgeliefert haben – und viele Apotheken achten schon im Sinne ihrer Retourenquote darauf, dass nicht allzu viel zurückgeht.
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