Großhandel

Sanacorp-Spion im AEP-Konditionengespräch Alexander Müller, 17.12.2015 09:52 Uhr aktualisiert am 17.12.2015 10:08 Uhr

Berlin - 

Der Großhändler AEP beansprucht für sich, die transparentesten Konditionen im Markt zu haben. Alle Apotheken bekommen dieselben Rabatte. Die Neugier des Wettbewerbs ist damit aber anscheinend nicht befriedigt: Nach dem Spähangriff der Noweda hat sich jetzt ein Vertriebsleiter der Sanacorp unter falschem Namen in ein Konditionengespräch des Konkurrenten einschleusen lassen. Bei AEP ist man einigermaßen entsetzt, bei der Sanacorp ebenfalls.

Apotheker Christian Rewitzer hatte AEP Ende November zu einem Termin in seine Stadt-Apotheke in Furth im Wald eingeladen. Weil angeblich für eine kleine Gruppe von Apotheken ein Zweitlieferant gesucht wurde, erschien der Vertrieb von AEP zu zweit.

An dem Gespräch nahm aber noch ein weiterer Herr teil, der sich als betriebswirtschaftlicher Berater der Gruppe und Mitarbeiter der Apotheke ausgab und als Thomas Stoiber vorstellte. Tatsächlich handelte es sich aber um Manuel Kuhn, Vertriebsleiter in der Sanacorp-Hauptniederlassung in Planegg.

Dass eine Apothekengruppe einen Berater mit in die Verhandlungen schickt, ist nicht ungewöhnlich. Insofern weckte Kuhn nicht unmittelbar Verdacht. Erste Zweifel kamen den AEP-Außendienstlern aber, als Stoiber keine Visitenkarte aushändigen konnte und zwischen ihm und Rewitzer Uneinigkeit über die Schreibweise seines Nachnamens herrschte.

Stutzig machten den AEP-Außendienst aber auch die Fragen, die der vermeintliche Berater stellte. Für einen Angestellten in einer Apotheke kannte sich „Thomas Stoiber“ erstaunlich gut aus im pharmazeutischen Großhandel. Doch Kuhn und Rewitzer blieben bis zuletzt bei ihrer Geschichte.

Im Nachhinein stellten die AEP-Mitarbeiter ihrerseits Nachforschungen an. Da ihnen Rewitzers Erstlieferant bekannt war, führte die Spur schnell zu Kuhn. Ein Foto im Internet brachte letzte Gewissheit. Rewitzer habe anschließend auch nicht mehr abgestritten, den Sanacorp-Mann mit ins Gespräch gebracht zu haben, berichtet der AEP-Außendienstler. Das Ganze sei dem Apotheker sehr peinlich gewesen, er habe sich mehrfach entschuldigt.

Rewitzer war für Nachfragen bislang nicht zu erreichen. Daher ist nicht klar, ob der Termin von ihm ausging oder ob er Kuhn einen Gefallen getan hat. Jedenfalls ist der Apotheker eng mit der Sanacorp verbunden. Auf der Liste der Wahlvorschläge für die Vertreterversammlung ist Rewitzer im Wahlkreis 23/Oberpfalz gesetzt.

Die Stadt-Apotheke betreibt Rewitzer zusammen mit seiner Frau Jutta, Vizepräsidentin der Bayerischen Landesapothekerkammer (BLAK). Sie wollte sich zu der Angelegenheit nicht äußern, habe selbst auch erst im Nachhinein davon erfahren. Kuhn wollte sich ebenfalls nicht zu dem Gespräch in der Apotheke äußern und verwies auf die Zentrale.

Ein Sanacorp-Sprecher versicherte, dass dieser Vorgang in der Verwaltung vollkommen unbekannt gewesen sei. „Sollte sich das so zugetragen haben, wäre das ein ungeheuerlicher Vorgang“, so der Sprecher. Die Geschäftsführung distanziere sich komplett von derartigen Geschäftsgebaren. „Das ist nicht Stil der Sanacorp“, so der Sprecher. Es könne sich nur um einen nicht abgestimmten Einzelfall handeln. Man werde der Sache jetzt weiter nachgehen.

Die AEP-Geschäftsführer Jens Graefe und Markus Eckermann haben an Rewitzer geschrieben und ihr Unverständnis für dessen Verhalten mitgeteilt. In mehr als 20 Jahren Erfahrung im Pharmamarkt habe man so eine Täuschung noch nicht erlebt.

AEP war zuletzt schon Opfer eines Spähangriffs von der Noweda. Die Genossenschaft ließ Fahrer ihrer Subunternehmen in der Apothekenschleuse die Kisten der Konkurrenz zählen und sich darüber detailliert Bericht erstatten. Auf entsprechenden Listen von mindestens zwei Niederlassungen wurden die Apotheken der jeweiligen Tour geführt, mit Kundennummer und Name des Inhabers, Name und Anschrift der Apotheke sowie die Tourennummer. Die beiden letzten Spalten waren frei und mit der gemeinsamen Überschrift „AEP Wanne?“ versehen. Hier sollen die Fahrer entweder bei „Nein“ ein Kreuz setzen oder in der Spalte „Ja“ die Anzahl der Kisten des Konkurrenten eintragen.