Noweda: Kooperationen sind Vorstufe zur Kette Alexander Müller, 18.02.2015 10:32 Uhr
Die Noweda beliefert weder DocMorris- noch easy-Apotheken und begründet das mit ihrer Unternehmensphilosophie: Die Genossenschaft will nicht mit Apotheken zusammenarbeiten, die aus ihrer Sicht nicht vollkommen unabhängig sind. Im aktuellen Rundschreiben an die Mitglieder erklärt die Noweda, warum sie dem Drängen eines easy-Apothekers nicht nachgibt.
Sogenannte Apothekenkooperationen mit Dachmarke seien eine „Vorstufe auf dem Weg zur Apothekenkette“, schreibt die Noweda. Das sei in vielen Lehrbüchern der Wirtschaftslehre nachzulesen. „Apotheken mit Dachmarken, die die Anmutung einer Kettenfiliale haben, vermitteln den Endverbrauchern nicht mehr das Gefühl: Hier arbeitet ein selbstständiger Apotheker“, heißt es.
Die Noweda macht sich Sorgen um die langfristigen Folgen des gemeinsamen Außenauftritts. Die Politik werde darauf reagieren, wenn auch mit zeitlicher Verzögerung, und der geänderten Marktlage mit Gesetzen folgen. „Das Fremdbesitzverbot stände auf der Kippe und die inhabergeführte Apotheke wäre in Gefahr. Wer sich dieser Gefahr nicht bewusst ist, handelt leichtsinnig“, so die Noweda.
Sinn und Zweck des apothekereigenen Unternehmens sei die Förderung der Mitglieder und der Erhalt der selbstständigen Apotheke. „Ansätze jedweder Art, die diesen Zielen entgegenstehen, können nicht nur keine Unterstützung erwarten, sondern werden auch abgelehnt“, heißt es weiter.
Aus diesem Grund wird auch Lutz Steinfurth nicht von der Noweda beliefert. Das war für den easy-Apotheker aus Heinsberg nicht weiter schlimm, bis die Gehe ihre Lager in Düsseldorf dicht gemacht hat. Seitdem sind die Anfahrtswege weiter, eine Belieferung durch die näher gelegene Noweda-Niederlassung in Frechen würde kürzere Lieferzeiten für ihn bedeuten. Doch der Großhändler sagte ab – mit Verweis auf die Entscheidung der Mitgliederversammlung.
Steinfurth hat sich mit seinem Anliegen an das Bundeskartellamt gewandt. Die Wettbewerbshüter wollen sich den Boykott des Großhändlers zumindest einmal ansehen. Ein kartellrechtlich relevanter Missbrauch von Marktmacht sei allerdings grundsätzlich schwer zu beweisen, kündigte das Kartellamt in einer ersten Antwort an.
Im Markt gibt es Verständnis für das Vorgehen des Großhändlers: Bei einer Umfrage von APOTHEKE ADHOC hatten fast drei Viertel der Teilnehmer keine Probleme damit, dass die Genossenschaft nicht mit jeder Apotheke zusammenarbeitet.
Tatsächlich hat Noweda damit immer freiwillig auf Umsätze verzichtet – wenn auch im verschmerzbaren Rahmen: Nach Angaben der Betreiber gibt es aktuell 90 easy-Apotheken. DocMorris stirbt als Vor-Ort-Konzept sowieso aus: Heute gibt es offiziell noch 62 Apotheken.
Überträgt man den Marktanteil, verzichtet die Noweda also rein rechnerisch auf 30 Apotheken der beiden Franchise-Konzepte. Und selbst das ist Statistik: Mit DocMorris hätte man wegen der Anbindung an Gehe ohnehin kaum jemals nennenswerte Umsätze fahren können. So gesehen ist der Boykott ein günstiges Mittel, um gegenüber den eigenen Mitgliedern ein Zeichen zu setzen. Großhandelschef Wilfried Hollmann ist sowieso ein Meister darin, den Geist der Genossenschaft zu beschwören.
Aber Hollmann ist auch ein knallharter Geschäftsmann. Und so ist die Noweda doch nicht ganz konsequent in ihrer Auswahl: Apotheken der Kooperation Farma-Plus werden beliefert – dabei gibt es für die Mitglieder auch hier Vorgaben für die Gestaltung der Offizin. In der Startjahren 2007/2008 hatte Farma-Plus ebenfalls Schwierigkeiten mit der Noweda. Die erste Apotheke in Aachen wurde zunächst nicht angefahren.
In späteren Jahren wurden Farma-Plus-Apotheken vorübergehend angeblich in neutralen Wannen beliefert, irgendwann gar nicht mehr. Erst als die Kooperation mit dem Kartellamt drohte, gab es wieder Touren zu den orangefarbenen Apotheken. Heute sind die Berührungsängste abgebaut – auch sehr markante Farma-Plus-Apotheken werden von Noweda beliefert.
Zum Kundenkreis des Großhändlers zählen auch Apotheken anderer Kooperationen mit einheitlichem Markenauftritt: Für die rund 160 Avie-Apotheken gibt es Mindeststandards in der Außengestaltung. Hinter den Kulissen – also in betriebswirtschaftlichen Belangen und in der Sortimentsgestaltung – hält die Systemzentrale die Fäden sogar enger zusammen als die meisten anderen Konzepte.
Auch Kaufland-Apotheken werden von Noweda beliefert, obwohl im Markt hinreichend bekannt ist, dass bei zahlreichen Standorten Projektentwickler über Untermiet- und Leasingverträge kräftig mitverdienen.
Selbst als Filialen geführte easy-Apotheken können übrigens Ware von Noweda erhalten – wenn etwa die Hauptapotheke keiner Kooperation angehört.