Paukenschlag im Privatgroßhandel: Ebert+Jacobi ist verkauft. Die Noweda hat nach Informationen von APOTHEKE ADHOC den mit Abstand führenden Familienbetrieb unter den vollversorgenden Großhändlern übernommen. Genossenschaftschef Wilfried Hollmann schließt damit kurz vor seiner Pensionierung den letzten weißen Fleck auf der Landkarte. Eine offizielle Bestätigung steht noch aus.
Dem Vernehmen nach gab es bereits gestern eine Telefonkonferenz bei der Noweda. Am Vormittag soll heute der Vertrieb informiert werden. Bei der Genossenschaft war bislang niemand für eine Stellungnahme zu erreichen. Auch Ebert+Jacobi hat sich noch nicht öffentlich erklärt; in Würzburg laufen derzeit ebenfalls die Besprechungen mit den Mitarbeitern.
Ebert+Jacobi ist mit einem Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro der führende Privatgroßhändler in Deutschland. Mehr als ein Drittel des Umsatzes von Pharma Privat entfallen auf das bayerische Unternehmen, das nach Jahren des Wachstums zuletzt leicht Marktanteile verloren haben soll. Der Verbund verliert nicht nur die Abdeckung in Bayern, sondern erstmals auch ein Unternehmen aus den eigenen Reihen an einen Mitbewerber: W. Kapferer war beim Verkauf an die Noweda nicht mehr bei Pharma Privat. Der von der Sanacorp gekaufte nordrhein-westfälische Großhändler von der Linde war nie Mitglied.
Am Ende wurde Ebert+Jacobi offenbar die eigene Größe zum Verhängnis: Firmenchef Ralph-D. Schüller soll Probleme mit den finanzierenden Banken gehabt haben. Schon im Frühjahr machte er sich nach Informationen aus Finanzkreisen auf die Suche nach Investoren, im September wurden auch die Mitbewerber angesprochen. Pharma Privat soll noch vor zwei Wochen ein Konzept vorgelegt haben, wie die Probleme innerhalb des Verbunds gelöst werden könnten. Am Ende setzte sich aber Noweda-Chef Wilfried Hollmann durch – vermutlich mit einem Angebot, bei dem kein anderer Interessent mithalten konnte.
Für Hollmann ist die Übernahme ein konsequenter Schritt – kurz vor dem Generationswechsel in Essen trägt er sich damit endgültig ins Geschichtsbuch der Genossenschaft ein. Die Noweda ist aufgrund der Konkurrenz zu Sanacorp in Bayern traditionell nicht so stark, Ebert+Jacobi passt wie die Faust aufs Auge. Bereits 2008 wurde der Privatgroßhändler W. Kapferer mit Sitz im baden-württembergischen Mosbach übernommen. Dadurch kamen nicht nur Standorte in Friedrichsthal (Saarland) sowie Rossau (Sachsen) dazu, sondern auch ein Vertriebszentrum in Garching bei München. Allerdings gab die Noweda den überalterteten Standort kurz darauf auf und baute neu in Bergkirchen westlich der bayerischen Landeshauptstadt – direkt vor der Haustür der Sanacorp.
Nach Jahrzehnten einer angeblich kurz nach dem Krieg in Oldenburg vereinbarten Gebietsaufteilung scheint die Zeit der Schonung im genossenschaftlichen Lager endgültig vorbei. Während der ehemalige Sanacorp-Chef Manfred Renner lange den Schulterschluss mit den Kollegen aus Essen suchte, bevorzugte Hollmann den genossenschaftlichen Wettbewerb.
Seitdem ging es bei den Genossen Zug um Zug: Nach den Differenzen um die Machtverteilung bei der Anzag und dem weitgehenden Ausstieg der Noweda beim Frankfurter Großhändler war die Sanacorp zunächst mit einem Neubau in Gelsenkirchen ins Stammgebiet der Noweda in Nordrhein-Westfalen vorgestoßen. Mit der Übernahme des Düsseldorfer Familienunternehmens von der Linde stellten die Münchener ihr Geschäft am Rhein auf solide Füße. Mit der Kapferer-Übernahme erweiterte die Noweda ihre Präsenz deutlich gen Süden, zuletzt wurde in Böblingen eine neue Niederlassung gebaut.
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