Großhandel

Finderlohn für Lieferdefekte Alexander Müller, 20.07.2016 10:14 Uhr

Berlin - 

Lieferengpässe und Defekte erschweren den Alltag in der Apotheke. Vor allem bei Rabattartikeln muss die Nichtverfügbarkeit gegenüber den Krankenkassen aufwändig belegt werden. Die Noweda möchte ihre eigene Lieferfähigkeit verbessern und erfragt dazu die Mithilfe der Kunden. Dafür erhalten die Apotheker eine kleine Entschädigung.

Hintergrund ist die Umstellung des Bestellverfahrens von MSV2 auf MSV3, die in den meisten Apotheken schon vollzogen ist. Wenn die Apotheke früher ein nicht verfügbares Arzneimittel über die Telefonleitung bestellt hat, erhielt sie eine Defektmeldung als Antwort. Über das internetbasierte Bestellverfahren MSV3 können die Apotheken dagegen online selbst nachsehen, ob ein Artikel verfügbar ist oder nicht. Das Problem: Der Großhändler bekommt davon nichts mit und kann nicht auf den eigenen Engpass reagieren.

Die Noweda will ihrer Vollsortiment-Strategie gerecht werden und „in Breite und Tiefe das größte Sortiment der Branche“ anbieten. Das MSV3-Problem ist auch bei der Genossenschaft bekannt: Dank der Verfügbarkeitsanzeige wüssten die Apotheker sofort, ob der gewünschte Artikel beim Großhandel vorrätig ist. „Ist dieser nicht vorhanden, lösen Sie für den Artikel in der Regel keinen Bestellvorgang aus und wir erfahren – im Gegensatz zu früher – nichts mehr über Ihre Wünsche.“ Die echte Nachfrage zu kennen, sei aber für die Sortimentsgestaltung der Noweda wichtig.

Der Großhändler hat deshalb im Mai die Aktion „Finderlohn“ gestartet. Die Apotheken sollen trotzdem alle Artikel bestellen, die in der Verfügbarkeitsabfrage in der Warenwirtschaft als nicht lieferbar angezeigt werden. Dafür bekommen sie von der Noweda 10 Cent pro Defekt und Tag. Der „Finderlohn“ soll jeweils mit der Monatsrechnung gutgeschrieben werden.

Zum Geschäft machen sollen die Apotheken die Aktion aber nicht: Ausgeschlossen sind Artikel, die nicht mehr im Handel verfügbar sind oder von den Herstellern aktuell nicht geliefert werden können. Würde die Genossenschaft für alle Engpässe der Hersteller zahlen, wäre die Aktion vermutlich auch ein teurer Spaß. Es geht also offenbar tatsächlich nur um eine Optimierung der eigenen Lager. Den „Finderlohn“ gibt es noch bis Ende Juli.

Die Genossenschaft verspricht, das eigene Sortiment im Interesse der Apotheken schnellstmöglich zu erweitern. Wie viele Apotheken sich an der Aktion beteiligt haben, ist bislang nicht bekannt.

Weil Lieferengpässe auf Herstellerseite ein permanentes Problem in der Apotheke sind, fängt nun auch die Politik an, sich mit dem Thema zu befassen. Für die Bundesregierung führen solche Lieferengpässe zwar nicht „zwangsläufig zu Versorgungsengpässen“, so das Bundesgesundheitsministeriums (BMG). Trotzdem will das Ministerium einen „Jour Fixe“ zur „Beobachtung und Bewertung“ der Marktsituation einrichten. Eingeladen sind Hersteller, Großhandel und Apotheker. Zunächst sieht das BMG aber keinen Anlass, in den Markt einzugreifen.