Für Dr. Thomas Trümper könnten die letzten Wochen an der Spitze von Alliance Healthcare ungemütlich werden. Denn in der Belegschaft regt sich eine Revolte gegen das Sparprogramm der Deutschland-Tochter von Alliance Boots: Die Arbeitnehmervertreter fordern von Trümper und seinem designierten Nachfolger Dr. Ralf Lieb Alternativen zu den geplanten Kürzungen. „Schlüssiges Zukunftskonzept“ statt „Spar-Korsett“, lautet das Motto des Gesamtbetriebsrats. In allen Niederlassungen sollen heute und in den nächsten Tagen die Mitarbeiter über die Pläne informiert werden.
Die Sparpläne wurden im April angekündigt und mit der Marktsituation im Großhandel gerechtfertigt. Die Arbeitnehmervertreter vermuten jedoch, dass sie für die „global-galaktischen Fusionspläne von Alliance Boots“ bluten müssen.
Laut Betriebsrat hat Anzag/Alliance im vergangenen Geschäftsjahr mehr als 45 Millionen Euro Gewinn erwirtschaftet und komplett an den Mutterkonzern überwiesen. „Alliance Healthcare – Come in and burn out!“, heißt es in einem Rundschreiben.
„Auch wenn man in England noch nie davon gehört hat: Gemäß der Deutschen Verfassung hat Eigentum zu verpflichten und soll zugleich dem Wohle Aller dienen.“ Nicht nur die Belastbarkeit der Mitarbeiter sei überschritten; durch schlechteren Service, schlechtere Kundenbetreuung und unpünktliche Belieferung würden auch Kunden vergrault.
Gerade angesichts der aktuellen Rabattschlacht wäre der erwirtschaftete Gewinn gut zu gebrauchen, „um im Markt dagegen zu halten und um ein weiteres Abschmelzen unserer Marktanteile zu verhindern.“ Wer spare, verschaffe sich höchstens für zwei Jahre Zeit und Luft – danach komme es umso dicker.
Gerade in einer Situation, in der man Kunden zurückgewinnen – nicht zurückkaufen – wolle, gebe es „Personalabbau im Service-Bereich bei Telefonie, Dispo, Kundenpflege und Retouren, weniger Außendienstler, zu spät rausgehende Touren, weniger Ausgaben für Werbung und Marketing, Ausquetschen des Fremdversandes bis ins 'Unanständige'“.
Die Mitarbeiter appellieren an Trümper und Lieb, für das Unternehmen einzustehen: „Das Konzept, das Sie verfolgen, um den in der Tat bestehenden Wirrnissen auf dem Pharmamarkt zu begegnen, ist betriebswirtschaftlicher Unfug. Wir glauben, das wissen Sie auch selber“, heißt es in einem Schreiben. Die eingeleiteten Maßnahmen seien nicht das richtige Mittel, die Probleme zu lösen.So soll Alliance sich aus Sicht der Arbeitnehmer wieder auf den Großhandel und nicht auf neue Geschäftsfelder konzentrieren. „Dinge, die innerhalb des Konzerns in anderen Ländern funktionieren, müssen in Deutschland noch lange nicht funktionieren.“ Im Großhandel arbeite die Mehrheit der Mitarbeiter, die nicht unbedingt zu „Kosmetik- oder OTC-Berater“ umschulen wollten.
Die Mitarbeiter fordern auch, die Kürzung der sozialen Leistungen zurückzunehmen: So soll zumindest die sogenannte Jubiläumsregelung – nach der Mitarbeiter, die länger als 40 Jahre im Unternehmen waren, beispielsweise eine Prämie von drei Monatsgehältern erhalten – nicht abrupt gestrichen werden. Stattdessen soll es eine großzügige Übergangsregelung geben.Zudem soll der Verzicht auf die freiwilligen Zuschüsse zur Pensionskasse nur eine einmalige Aktion sein. Die Angestelltenvertreter erwarten auch, dass nicht noch das Weihnachtsgeld gestrichen wird.
Der Rotstift wird in Frankfurt an verschiedenen Stellen angesetzt: Offene und frei werdende Stellen sollen nur in Ausnahmefällen besetzt werden, die Gehälter der Führungskräfte werden eingefroren, freiwillige Zuschüsse wie zur Altersvorsorge werden gestrichen. Selbst Kaffee oder andere Getränke gibt es angeblich nur noch, wenn Besuch kommt.
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