Großhandel

AEP-Erfinder erklärt die neuen Spielregeln

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Berlin -

Am Großhändler AEP scheiden sich die Geister: Die einen feiern den Newcomer für transparente Konditionen und verständliche Rechnungen, die anderen bemängeln knappen Service und die niedrige Lieferfrequenz. Knapp zwei Jahre nach dem Start erzählt Professor Dr. Nikolaus Fuchs, einer der Gründer und Teilhaber von AEP, die Geschichte des Großhändlers aus seiner Sicht. Er hat ein Buch über den „Erfolg durch Kostenführerschaft“ geschrieben – am Beispiel AEP.

Fuchs war mit seiner Unternehmensberatung Lexington ab 2011 für Celesio tätig, sollte unter anderem die Logistik prüfen. Angeblich wurde auch in Stuttgart darüber nachgedacht, über die Post, FedEx oder einen anderen Logistiker liefern zu lassen. „Das habe ich mir gemerkt“, erzählt Fuchs. Doch als bei Celesio die handelnden Personen im Vorstand wechselten, hatte das Projekt dort keine Aussicht mehr auf Erfolg.

Deshalb schrieb Fuchs zusammen mit Fred Thielsch und Tobias Zimmermann selbst ein Konzept zusammen, wie man in den deutschen Pharmagroßhandelsmarkt einsteigen könnte. Fuchs zufolge gab es vor allem drei Fragen zu klären: Wo konkurrieren? Wie konkurrieren? Wann konkurrieren? Die Antworten lauteten: Als Vollsortimentler, mit neuen Spielregeln und so schnell wie möglich.

Der Großhandelsmarkt war Fuchs zufolge nicht nur komplett verteilt, sondern nach außen auch extrem gut abgeschottet: Nach den bisherigen Spielregeln wären die Markteintrittsbarrieren für einen potentiellen neuen Wettbewerber extrem hoch gewesen, vermutlich zu hoch. Die einzige Chance: „Änderung der Spielregeln am Markt.“

Die Idee: Ein transparenter Einheitspreis und verständliche Rechnungen als radikale Innovation. Die Preisführerschaft im Markt ist nach Fuchs' Überlegungen nur die Folge des ersten und wichtigsten Ziels: niedrigere Kosten als der Rest der Branche. „Ein Kostenführer in der Logistik ist, sofern von ihm die Kostenführerschaft gehalten/verteidigt und eine gleich bleibende Qualität erbracht wird, nicht zu schlagen“, so Fuchs in seinem selbst verlegten Buch.

Bei Phoenix und Alliance Healthcare wollte er mit seiner Idee vorsprechen und sie europaweit verkaufen – bekam aber keinen Termin. Dann berichtet Fuchs, wie er die Chefetage der Österreichischen Post überzeugte und wie die Finanzierung in der Frühphase gestemmt wurde.

Die Österreichische Post ist mit 45 Prozent größter Anteilseigner, Konzernchef Dr. Georgl Pölzl zählt wie Fuchs zu den Gründungsgesellschaftern von AEP. Ebenso Dr. Martin Bartenstein, Pharmaunternehmer und Ex-Minister, der 25 Prozent hält. Fuchs selbst ist mit zwei Kapitalgesellschaften zu 10 Prozent beteiligt, ebenso wie Dr. Andreas Eckert von Eckert & Ziegler Strahlen- und Medizintechnik. Die restlichen Anteile gingen an das Management.

AEP wurde im Berliner Büro von Lexington gegründet. Ursprünglich sollte das Unternehmen mal GET heißen – für „Günstig, Einfach, Transparent“. Aber das Kürzel war schon vergeben. AEP war dagegen bis dahin nicht geschützt, als Apothekeneinkaufspreis aber eine in der Branche sehr gängige Abkürzung.

Der gescheiterte Versuch von Gesine war den Machern von AEP ein warnendes Beispiel. Allerdings gab es einen maßgeblichen Unterschied: Gesine habe beim Rechnen „fast ein Null vergessen“, was einer Mitschuld der finanzierenden Bank an der Pleite gleichkomme, so Fuchs.

Bei AEP war mit der Österreichischen Post dagegen von Anfang an ein Großinvestor an Bord, der mit einem Jahresumsatz von 2,4 Milliarden Euro finanziell einen langen Atem hat. Auswirkungen hatte der Fall Gesine auf den Start von AEP dennoch, schreibt Fuchs – namentlich in Gestalt einer übervorsichtigen Industrie.

Dieses Problem soll mittlerweile überwunden und die Lieferfähigkeit von AEP Kunden zufolge heute in Ordnung sein. Dafür muss sich der Großhändler wegen seiner Standardkonditionen mit einem neuen Phänomen herumschlagen: Einige Apotheken bestellen vor allem hochpreisige Arzneimittel bei AEP, um bei ihrem anderen Großhändler den durchschnittlichen Packungspreis möglichst niedrig zu halten – und so eine Rabattkürzung zu vermeiden.

Bei AEP hat man sich das eine Weile angesehen. Doch auch bei vereinfachter Logistik ist der Großhändler auf ein ausgewogenes Bestellverhalten seiner Kunden angewiesen. Die Kunden wurden darauf angesprochen. In Einzelfällen kassiert AEP neuerdings 0,5 Prozent Gebühr, wenn eine bestimmte Packungszahl im Monat nicht erreicht wird.

Fuchs schreibt dazu: „Rosinenpicker, die nur einige Produkte bei der AEP kaufen, haben wir auch, und wir beliefern sie derzeit noch wie die anderen. Ob das so bleibt, wird sich zeigen, denn auch und gerade wir müssen genau rechnen und verbessern ständig unser System, denn Rosinenpicker machen keinem in der Branche wirklich Spaß.“ Ob das die offizielle Strategie der Geschäftsführung ist, steht auf einem anderen Blatt – das knapp 70-seitige Buch ist ausdrücklich Fuchs' private Angelegenheit. Lesenswert ist es allemal.

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