EU-Richtlinie

Großhändlern droht Millionenloch

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Berlin -

Auf die Großhändler kommt möglicherweise eine sehr kostspielige Umstellung ihrer Logistik zu: Mit der Umsetzung einer EU-Richtlinie soll eine lückenlose Temperaturkontrolle beim Transport eingeführt werden. Eine Fälschungsrichtlinie könnte den Aufwand zusätzlich enorm vergrößern. Insgesamt geht es um zusätzliche Kosten von bis 80 Millionen Euro. Aus den Reihen der Großhändler ertönt schon der Ruf nach einer Honorarsteigerung, ihr Bundesverband Phagro will aber öffentlich noch nicht über Geld reden.

 

Mit der GDP-Richtlinie (Good Distribution Practice) sollen die Großhändler verpflichtet werden, die Temperatur der Arzneimittel permanent zu kontrollieren und konstant zu halten. Die Lagerbedingungen sollen dabei den Stabilitätsprüfungen bei der Herstellung der Medikamente entsprechen. Damit liegt die Temperaturobergrenze bei 25 Grad Ceslius.

Die Großhändler und ihre Subunternehmer müssten ihren kompletten Fuhrpark umrüsten. Gerechnet wird mit Kosten von 4000 bis 5000 Euro pro Fahrzeug. Bei rund 6000 Lieferwagen würde dies einer Gesamtinvestition von bis zu 30 Millionen Euro entsprechen. Zusätzlich stiege der Benzinverbrauch wegen der Klimaanlage.

Aus Sicht des Phagro schießt die EU-Kommission mit dieser Vorgabe deutlich über das Ziel hinaus. Schließlich müssten die Arzneimittel bei Stresstest während der Herstellung über mehrere Monate Temperaturen von bis zu 45 Grad aushalten. Angesichts der kurzen Lieferzeiten der Großhändler, hält der Phagro einen vollständig temperaturgeführten Transport daher für übertrieben. Auch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) habe bereits 1989 bestimmt, dass beim Transport kurzfristig von den Lagerbedingungen abgewichen werden könne.

 

 

Mit der Umsetzung der Fälschungsrichtlinie könnte auf die Großhändler eine zweite, noch größere Kostenlawine zurollen: Wenn die Vorgaben der EU-Kommission in Deutschland umgesetzt werden, müssten die Großhändler im Extremfall den Weg jeder einzelnen Packung genau überwachen.

Die Großhändler haben ausgerechnet, dass die lückenlose Kontrolle aller verschreibungspflichtigen Arzneimittel die Branche europaweit 636 Millionen Euro kosten würde. Die deutschen Großhändler müssten davon rund 50 Millionen Euro schultern.

Allerdings sind die technischen Details in der Fälschungsrichtlinie noch nicht festgesetzt. Andere Varianten sehen die Kontrolle nur für bestimmte Risikogruppen vor. Die Kosten würden sich dann auf 36 Millionen Euro belaufen, davon vier Millionen Euro in Deutschland. Mit konkreteren Vorgaben aus der EU wird nicht vor 2014 gerechnet. Danach hätten die Großhändler weitere drei Jahre Zeit für die Umsetzung.

 

 

Dennoch: Zumindest der Stuttgarter Pharmahändler Celesio ist schon bei der Politik vorstellig geworden, um über eine Anpassung der Vergütung zu reden. In Berlin will man jetzt prüfen, ob die Großhandelsvergütung gegebenenfalls nachgebessert werden muss. „Wir haben das im Blick und beraten, ob und welcher Handlungsbedarf besteht“, sagt der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn.

Der Phagro betont aber, keine Forderungen an die Politik gestellt zu haben. Möglicherweise hätten Vertreter einzelner Mitgliedsfirmen ihre persönliche Meinung zu dem Thema geäußert, heißt es beim Phagro. Offizielle Forderungen seitens des Verbands gebe es nicht. Dass auch der Phagro zumindest intern Berechnungen anstellt, welche Summen auf die Großhändler mit der Umstellung zukommen könnten und wie das Honorar angepasst müsste, liegt auf der Hand.

 

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