Dieses Verfahren hält die Großhändler seit einigen Jahren in Atem: Die Bezirksregierung Düsseldorf verlangt von der „verantwortlichen Person“ einer jeden Niederlassung ein Pharmaziestudium, mindestens aber eine PTA-Ausbildung. Jetzt kann die Branche aufatmen: Laut dem Bundesverwaltungsgericht sind keine Pharmaziekenntnisse nötig, um diese Aufgabe zu übernehmen.
In einem Fall ging es um die Düsseldorfer Niederlassung der Sanacorp, im Parallelverfahren um die Firma MIT, die ebenfalls über eine Großhandelserlaubnis verfügt. Der Bezirksregierung reichte jeweils der Nachweis der Sachkenntnis der verantwortlichen Person nicht aus. Die Aufsichtsbehörde drohte sogar, das Ruhen der Großhandelsgenehmigung anzuordnen, wenn nicht der erforderliche Sachkenntnisnachweis erbracht oder eine andere Person benannt werde.
Vor Gericht setzte sich die Behörde in den unteren Instanzen zunächst durch. Zwar pochte das vorinstanzliche Oberverwaltungsgericht NRW nicht auf ein Pharmaziestudium, die Eignung der verantwortlichen Person müsse aber im Einzelfall durch adäquate pharmazeutische Sachkenntnisse belegt werden. Im November hob das BVerwG das Urteil auf und verwies beide Fälle zur erneuten Verhandlung nach Münster zurück.
Aus den jetzt vorliegenden Gründen des BVerwG geht hervor, dass die Leipziger Richter keine so hohen Anforderungen an die Großhändler stellen wie die Bezirksregierung. Erforderlich für die Tätigkeit einer verantwortlichen Person seien Sachkenntnisse im Umgang mit Arzneimitteln, die Gegenstand der Großhandelserlaubnis sind. „Die Kenntnisse können durch praktische Erfahrungen gewonnen werden, insbesondere durch Tätigkeiten unter Anleitung und Aufsicht einer verantwortlichen Person in deren Aufgabenbereich. Pharmaziekenntnisse vergleichbar denen, die in einer pharmazeutischen (Berufs-)Ausbildung vermittelt werden, sind nicht erforderlich“, so die klare Ansage des BVerwG.
„Durch die Aufhebung des Urteils des OVG NRW steht fest, dass der Nachweis von pharmazeutischen Kenntnissen nicht erforderlich ist“, freut sich Rechtsanwalt Peter von Czettritz von der Kanzlei Preu Bohlig & Partner. Das OVG müsse nun prüfen, ob die vorgelegten Nachweise ausreichend sind. „Dieses Urteil ist nicht nur für die beiden klagenden Firmen von Bedeutung, sondern insbesondere für alle Großhändler und Firmen, die über eine Großhandelserlaubnis verfügen“, so von Czettritz.
Auch beim Phagro ist man erleichtert über das Votum aus Leipzig. Schließlich habe die Bezirksregierung Düsseldorf nicht nur gegenüber den beiden Unternehmen bei der Besetzung der Posten widersprochen, sondern auch über die AATB-Arbeitsgruppe (Arzneimittel-, Apotheken-, Transfusions- und Betäubungsmittelwesen) versucht, ihre Rechtsmeinung bundesweit durchzusetzen – während die Verfahren noch liegen. „Wir stellen uns dem Thema ‚Sachkenntnis der verantwortlichen Person‘, setzen aber auf einen konstruktiven Dialog mit den Aufsichtsbehörden im Sinne der Arzneimittel- und Patientensicherheit“, so Phagro-Geschäftsführer Thomas Porstner.
Im Verfahren hatte sich die Sanacorp selbst auf ein Positionspapier des Phagro bezogen, wonach eine naturwissenschaftliche oder pharmazeutische Ausbildung der verantwortlichen Person nicht notwendig sei.
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