Bei der Einführung eines neuen Arzneimittels überlassen Hersteller nichts dem Zufall. Bei Erkältungsmitteln lässt
sich aber eines nicht beeinflussen: die Erkältungswelle. Boehringer Ingelheim hatte schon im Sommer BoxaGrippal in die Offizin gebracht und Millionen in die Werbung investiert. Bayer und Stada zogen nach. Dass die Saison am Ende außergewöhnlich mild verlief, machte den Unternehmen einen Strich durch die Rechnung.
Boehringer hatte die Einführung von BoxaGrippal von langer Hand vorbereitet. Der Konzern wollte den allgemeinen Trend weg von ASS hin zu Ibuprofen nutzen und mit dem Erkältungsmittel eine neue Marke jenseits von Thomapyrin aufbauen. Für die Kombination aus Ibuprofen und Pseudoephedrin musste sogar die Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) geändert werden.
Im Juli kam das Erkältungsmittel samt umfangreichem Dekomaterial in die Apotheken. Eine breit angelegte TV-Kampagne wurde von großformatigen Anzeigen sowie City-Light-Plakaten an Bahnhöfen unterstützt. In der Branche schätzt man den Werbeetat für BoxaGrippal auf 8 bis 15 Millionen Euro.
Doch der Markteinstieg ist teuer erkauft, schwarze Zahlen liegen noch in weiter Ferne: Boehringer erwirtschaftet mit dem Präparat einen Monatsumsatz zwischen 1,3 und 1,6 Millionen Euro, das entspricht einem Marktanteil von knapp 8 Prozent. Das Ausbleiben der Grippewelle hat den Newcomer besonders hart getroffen. In der kommenden Saison muss Boehringer mit seiner Kampagne womöglich von vorne anfangen.
Immerhin hat es der Konzern aus dem Stand auf Platz 4 unter den Grippemitteln geschafft – hinter Grippostad (Stada), Aspirin complex (Bayer) und Wick Medinait/Daymed (Wick), die sich drei Viertel des Marktes teilen.
Die Platzhirsche hatten den Neuankömmling von Anfang an sehr ernst genommen und ebenfalls massiv in TV-Werbung investiert. Stada hatte seinen Pinguin schon im August auf Sendung geschickt; normalerweise beginnt die Grippostad-Kampagne erst im Herbst. Wick war mit dem Spot des Mutterkonzerns dauerpräsent; Bayer hatte einen Schwerpunkt auf sein Pseudoephedrin-Produkt gelegt.
Vor allem Bayer und Stada gönnen sich nichts und beharken sich gegenseitig. Die Leverkusener hatten im Herbst eine Anwendungsstudie in den Apotheken gestartet, bei der Aspirin complex mit Grippostad verglichen werden soll. Die Erhebung läuft noch, findet aber angeblich weniger Unterstützer als erhofft.Stada will sich den Angriff nicht gefallen lassen und geht in die Gegenoffensive: Der Generikakonzern hat eine eigene Umfrage zur Bewertung von Pseudoephedrin durch Endverbraucher durchführen lassen. Die Ergebnisse sollen in Kürze bekannt gegeben werden. Außerdem hat OTC-Chef Adil Kachout zum Jahreswechsel eine neue Darreichungsform auf den Markt gebracht: Grippostad als Trink-Granulat ist gewissermaßen der galenische Angriff auf das Konkurrenzprodukt.
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