Wenn alte Bündnisse zu Bruch gehen, wird es für alle Beteiligten schmerzhaft. Jahrelang hatten Sanofi und Klosterfrau Medikamente mit nahendem Verfalldatum über die Zwischenhändler MTI und Comas zu Niedrigpreisen in den Markt gebracht. Als die Sache aufzufliegen drohte, musste ein Bauernopfer gebracht werden. Sanofi stellte Strafanzeige gegen den ehemaligen Partner. Doch am Ende wendete sich das Blatt gegen den Konzern, der als großer Verlierer eine Millionenstrafe zahlen muss.
Wie der Spiegel vor drei Jahren berichtete, hatte eine Spezialabteilung bei Sanofi unter der Leitung von Erich Dambacher ab 2001 eine Art „Resterampe“ für die Pharmindustrie aufgezogen. Für bis zu 50 Prozent Rabatt lieferte die Branche Produkte mit kurzem Verfall; über den Pharmakonzern gelangte die Ware an deutsche Großhändler. Abgewickelt wurden die Geschäfte über die Firmen MTI und Comas aus Hamburg, die ansonsten mit Arzneimitteln nichts am Hut haben.
Nach offizieller Lesart waren die Präparate für Reedereien beziehungsweise einen Hilfsverein gedacht. Entsprechend gab es in den Lieferverträgen eine Zweckbindung; allerdings soll Sanofi nie einen Nachweis verlangt haben, wohin die Ware tatsächlich ging. Vielmehr wurde Wert darauf gelegt, dass es sich um in Deutschland verkehrsfähige Präparate handelte. Laut Spiegel summierten sich die Umsätze alleine zwischen 2006 und 2010 auf 245 Millionen Euro.
Doch dann drohte das Konstrukt ans Licht zu kommen. Sanofi ging in die Offensive und stellte im Juli 2010 Strafanzeige: MTI habe die zweckgebundene Ware nicht wie vertraglich vereinbart an eine Hilfsorganisation geliefert, sondern an deutsche Pharmagroßhändler verkauft, so der Vorwurf. Damit habe die Firma nicht nur Sanofi und den Hilfsverein betrogen, sondern außerdem öffentliche Hilfsgelder von Bundesministerien veruntreut.
Ein Jahr später stellte die Staatsanwaltschaft Stade ihre Ermittlungen gegen MTI mangels Tatverdachts ein. Offenbar gingen die Ermittler davon aus, dass Sanofi vom Verkauf der Ware im Inland wusste – und weder getäuscht noch betrogen worden sei.
Die Revanche hatte es in sich: MTI-Chef Carl-Heinz Richter brachte den Fall nicht nur an die Öffentlichkeit, sondern stellte seinerseits Strafanzeige wegen falscher Verdächtigung – und wegen Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr. 17 Objekte in mehreren Bundesländern wurden daraufhin durchsucht, darunter die Sanofi-Zentralen in Frankfurt und Berlin.
Am Ende wurde dem Konzern zum Verhängnis, dass er dem Inhaber eines Beratungsbüros, der die Einkäufe für MTI koordinierte und zugleich im Vorstand des Hilfsvereins war, Provisionen von insgesamt rund 670.000 Euro gezahlt hatte.
Vorläufige Bilanz: Zwei Mitarbeiter von Sanofi wurden zu Bewährungsstrafen wegen Bestechung verurteilt und gefeuert. Der Konzern muss als Nebenbeteiligter eine Geldstrafe von 28 Millionen Euro zahlen. Gegen den Strafbefehl wegen Bestechlichkeit hat der Betroffene Einspruch eingelegt. Weitere Verfahren laufen.
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