Großhändler AEP verliert seinen Spitzenmann: Geschäftsführer Jens Graefe geht im Mai von Bord, wie er gegenüber APOTHEKE ADHOC bestätigte. Der Abschied war wohl schon länger geplant und soll geordnet über die Bühne gehen.
Graefe ist das Gesicht von AEP, hat den damaligen Newcomer zum Start im Jahr 2013 aufgebaut, seinerzeit zusammen mit Markus Eckermann, der schon 2017 ausgeschieden ist. Jetzt sucht auch Graefe eine neue Herausforderung. Bereits Anfang des Jahres hat er nach eigenem Bekunden den Gesellschaftern mitgeteilt, dass er sich gerne neu orientieren will. Eigentlich wäre sein Vertrag im November ausgelaufen, doch man einigte sich darauf, dass der Geschäftsführer noch ein halbes Jahr dranhängt.
Auch wenn das Jahr aufgrund der Corona-Krise und des schwelenden Themas MVDA kein besonders ruhiges für AEP war, ist Graefe davon überzeugt, ein geordnetes Haus zu hinterlassen. Man habe 2020 ein Rekordjahr hingelegt und schreibe schwarze Zahlen, so sein Zwischenfazit. Ob ein neuer Chef bei AEP installiert werden soll, ist noch nicht bekannt. Die Nachfolge könnte durchaus intern geregelt werden: Mit Tobias Zimmermann und Dr. Martin Arnegger hat AEP zwei weitere erfahrene Manager in der Geschäftsführung.
Graefe hatte in Edinburgh und Glasgow BWL studiert und seine Karriere bei der Unternehmensberatung A.T. Kearney begonnen. Bei Angermann und der HSH Nordbank war er im M&A-Bereich aktiv, in dieser Funktion kam er 2006 zu Celesio, wo er später auch für das zugekaufte Brasiliengeschäft verantwortlich war. In Stuttgart wurde auch die Idee von AEP geboren: Der Berliner Unternehmensberater Professor Dr. Nikolaus Fuchs konzipierte 2011 für den Konzern das Konzept eines Großhändlers mit Zentrallager und einer einmaligen Lieferung. Im Kern ging es um die Frage, wie sich der Pharmagroßhandel rationaler gestalten lassen könnte. Bei Celesio dachte man damals auch darüber nach, über die Post, FedEx oder einen anderen Logistiker liefern zu lassen. Weil der Konzern nach dem DocMorris-Desaster im Umbruch war, blieben die Vorschläge in der Schublade liegen.
Als CEO Dr. Fritz Oesterle im Frühjahr bei Celesio gehen musste, verschaffte Fuchs ihm einen Posten im Aufsichtsrat des Medizintechnikkonzerns Eckert & Ziegler. Parallel wurde das Konzept neu aufgelegt, mit einer neuen Firma in den deutschen Pharmagroßhandelsmarkt einzusteigen. Auftraggeber diesmal war die Österreichische Post, die über Trans-o-flex als Pharmalogistiker am deutschen Markt aktiv war. Konzernchef Dr. Georg Pölzl kannte Fuchs noch aus seiner Zeit bei McKinsey.
Als die Pläne konkreter wurden, holte Fuchs noch Dr. Andreas Eckert, Vorstandschef von Eckert & Ziegler, an Bord. Pölzl brachte Martin Bartenstein ins Spiel, der von 2000 bis 2008 Wirtschafts- und Arbeitsminister in Österreich war und dessen Familie der Generika- und Lohnhersteller Gerot Lannach (GL Pharma) gehört. Die beiden Parteien aus Österreich übernahmen knapp 70 Prozent der Anteile. An Fuchs und seine Mitarbeiter gingen 12 Prozent, genauso wie an Eckert. Die restlichen 6 Prozent erwarb Oesterle über eine Beteiligungsgesellschaft mit dem Namen Adhuc.
Mit einem klaren Gegenmodell zu den etablierten Großhändlern ging AEP an den Markt: einheitliche Konditionen für alle Kunden, die Belieferung erfolgt einmal täglich aus dem Zentrallager im hessischen Alzenau. Ziel war die Kostenführerschaft.
Die Startbedingungen waren nicht besonders rosig: Der Konditionenwettbewerb war Ende 2013 in der ganzen Branche ziemlich überhitzt. Auch mit deutlich reduziertem Service konnte AEP kaum mehr Rabatt gewähren. Die Mitbewerber lästerten, AEP werde es schnell so gehen wie der unglückseligen Gesine.
Doch der Newcomer biss sich im Markt fest, auch aufgrund starker Gesellschafter im Hintergrund, die über die dürren ersten Jahre hinweghalfen. Und auch die Fehde mit dem Phagro mit dem Höhepunkt zwischen Graefe und „Godfather“ Dr. Thomas Trümper vor Gericht, hat sich deutlich abgekühlt.
Als Stellvertreter der gesamten Branche musste sich AEP dann jahrelang mit dem Skonto-Prozess gegen die Wettbewerbszentrale herumschlagen. Graefe beackerte auch dieses Feld unermüdlich und mit positiver Aggressivität. Sogar die Hauptverhandlung vor dem Bundesgerichtshof (BGH) ließ er nicht allein Sache der Anwälte sein, sondern nahm höchstpersönlich auf der Beklagtenbank Platz. AEP und Graefe obsiegten überraschend in Karlsruhe und brachten den Gesetzgeber in arge Verlegenheit. Endgültige Klarheit herrscht auch nach der zweiten BGH-Entscheidung nicht, hier ging es um die Direktkonditionen von TAD. Mittlerweile läuft der dritte Skonto-Prozess, diesmal gegen den Reimporteur Haemato. AEP ist ausnahmsweise in der Zuschauerrolle.
Und auch bei den Konditionen musste Graefes Team sich den Marktzwängen ein wenig fügen. Ganz so puristisch wie es der Markenkern verspricht sind die Rabatte heute nicht mehr. Rosinenpicker, die AEP nur Lieferant für Hochpreiser missbrauchen, werden inzwischen auch abgestraft.
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