Der Potenzmittel-Versender „Go Spring“ ist derzeit in der TV-Werbung dauerpräsent. Das Konzept funktioniert anders als die Videosprechstunden von Zava, Kry oder Teleclinic: Ausschließlich Kunden mit Erektions- oder Ejakulationsproblemen werden angesprochen. Dennoch wird das Unternehmen schon höher bewertet, als der Markt überhaupt an Umsatz hergibt. Für Service und Seriösität sollen auch Partnerapotheken stehen, um die gerade wieder geworben wird.
Go Spring hat aus der Scham ein Geschäftsmodell gemacht: Da viele Männer Hemmungen haben, sich mit Krankheiten wie erektiler Dysfunktion an einen Arzt zu wenden, bietet das Unternehmen telemedizinische Beratung samt Verschreibung. 19 Euro kostet die Ausstellung einer Privatverordnung, die mit einer qualifizierten digitalen Signatur versehen und dem Patienten geschickt wird. „Deutsche Medikamente, zum besten Preis deutschlandweit, ohne Wartezeit ärztlich behandeln“, wirbt das Unternehmen.
Der Webauftritt erzeugt mitunter den Eindruck einer Versandapotheke: Unter der Domain go-spring.shop-arznei.de gelangt der Nutzer direkt zur Sildenafil-Angebotsseite. Und dort wird nicht um den heißen Brei herumgeredet: Noch vor Behandlungsbeginn wird in einer Preistabelle aufgeführt, was Sildenafil in den Stärken 25, 50 und 100 mg je 4er-, 12er-, 24er- und 48er-Packung kostet.
An die Ware heranzukommen, ist denkbar leicht: Patienten müssen lediglich einen Fragebogen ausfüllen. „Hast Du regelmäßig Schwierigkeiten eine Erektion zu bekommen oder zu halten?“, wird da zu Beginn gefragt, gefolgt von Fragen nach der Dauer und Häufigkeit der Probleme, der Zufriedenheit mit dem eigenen Sexualleben, aber auch zu Blutdruck, Vorerkrankungen, Körpergröße und -gewicht, Medikamenteneinnahme sowie Tabak- und Alkoholkonsum.
Gefolgt wird der Fragebogen von einem Disclaimer, in dem unter anderem darauf hingewiesen wird, dass der Patient umgehend einen Arzt aufsuchen sollte, wenn seine Erektion nach der Sildenafil-Einnahme vier Stunden oder länger andauert. „Obwohl das nur selten vorkommt, solltest Du sofort medizinischen Rat einholen, um dauerhafte Schäden zu vermeiden“, so die Warnung. Eine Beratung zur Dosierung erhält der Patient ebenfalls dort.
Es solle keine Kombination aus mehreren Medikamenten gegen Erektionsstörung eingenommen werden und zwischen zwei Einnahmen eine Pause von 24 Stunden eingehalten werden, um Risiken auszuschließen. „Sei Dir bewusst, dass es empfehlenswert ist, bereits Erfahrungen mit Sildenafil oder Tadalafil beziehungsweise Viagra oder Cialis gehabt zu haben, bevor du verschiedene Wirkungsstärken ausprobierst.“ Das war es bereits zur Dosierung. Nach dem Klick auf „Habe ich verstanden“ folgt die Auswahl der Stärke und Menge, die man verschrieben bekommen möchte.
Hribernik versichert, die Entscheidung über Wirkstoff und Stärke liege bei den Ärzt:innen: „Fachärzt:innen begutachten die medizinischen Daten und entscheiden im Anschluss über die passende Behandlungsoption für Patienten. Verordnet wird beispielsweise im Falle einer erektilen Dysfunktion je nach den individuellen Bedürfnissen des Patienten meist Sildenafil, Tadalafil, Cialis, Viagra oder aber eine reine digitale Therapie.“
Wenig passend zu dieser Aussage bewirbt Go Spring ein Abo: Wie Amazon Prime gibt es auch Spring Prime – mit einem ganz ähnlichen Konzept. Patienten werden mit dem „exklusiven Treueprogramm“, wie es das Unternehmen nennt, zu Stammkunden: „Als Dein starker Partner für Deine Gesundheit möchten wir es Dir so easy wie möglich machen, Deine benötigten Produkte zu erhalten“, heißt es auf der Seite.
Dabei sollen sie innerhalb eines Jahres mehr als 200 Euro sparen können: Gegen die Zahlung von 75 Euro wird unabhängig von der Produktkategorie insgesamt 15-mal das Behandlungsentgelt erlassen. „Behandlungen sind pauschal enthalten, bereits ab der 4. sparst du Geld“, so das Werbeversprechen. Produkte können dabei im Monatsabo bestellt werden. Bereits bei einer einmaligen Standardbehandlung können Patienten wählen, ob sie beispielsweise Sildenafil einmalig oder direkt als Monatsabo erhalten wollen.
Als Kunde kann man sich die Präparate direkt zuschicken lassen – nach früheren Angaben arbeitet Go Spring mit mehreren kleineren Versandapotheken zusammen. Wer die Medikamente liefert, erfährt man auf der Website vorab nicht. Was zählt, ist alleine die Plattform.
Alternativ kann man sich die Bestellung in einer Apotheke vor Ort abholen. Mehr als 8000 Partnerapotheken hat Go Spring nach eigenen Angaben bereits, also „lokaler Apothekenpartner“ wird Noventi genannt. „Durch die Kooperation mit Noventi stehen Dir über 6000 Partnerapotheken zu Verfügung, bei denen Du Dein Medikament innerhalb von 24 Stunden abholen kannst. Ob der Noventi-Service für das von Dir gewünschte Präparat zur Verfügung steht, kannst Du der jeweiligen Produktseite entnehmen“. Über eine Schnittstelle zu Gesund.de können die Privatverordnungen sogar digital an die jeweilige Ausgabestelle übermittelt werden.
Aktuell sucht Go Spring weitere Apotheken, die nicht aus dem Umfeld von Noventi kommen: „Innovation und Digitalisierung eröffnen den Apotheken vor Ort sowie deren Kunden neue Türen. Wir möchten dabei helfen – und Telemedizin in die stationären Apotheken Deutschlands zu bringen“, so das Versprechen. Das zukunftsorientierte Konzept ermögliche „Offline-Apotheken den Einstieg in die Telemedizin“.
Dabei sei die Kooperation kostenfrei und erfordere „keine besonderen technischen Voraussetzungen“. Für den Umsatz, den die Apotheke mit der Kooperation generieren kann, erbringt sie offensichtlich eine andere Leistung: Die Beratung, die der Patient anderweitig kaum erhält. „Die Apotheke bietet den Kunden eine sehr sichere und fachlich kompetente Möglichkeit, die benötigten Arzneimittel schnell und einfach zu bekommen. Die Kundenerfahrung ist einzigartig“, so Go Spring.
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