Der Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer erwägt laut Insidern in den USA ein umstrittenes juristisches Manöver, um eine Lösung für Zehntausende noch offen Glyphosatklagen zu finden. Der Dax-Konzern konsultiere aktuell Anwälte und Berater mit Blick auf eine Strategie, die als „Texas Two-Step“ bekannt sei, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Mittwochabend.
Damit solle ein Vergleich für die noch offenen Fälle im US-Streit um angebliche Krebsrisiken glyphosathaltiger Unkrautvernichter erzwungen werden. Andere Konzerne, die auf diese Strategie gesetzt hatten, waren damit allerdings nicht ans Ziel gekommen. Ein Konzernsprecher wollte den Bloomberg-Bericht nicht kommentieren.
Die Strategie baut laut dem Bericht auf einer Eigenheit des texanischen Firmenrechts auf. Diese erlaube es Unternehmen, Aktiva und Passiva in getrennte Sparten aufzuteilen. Diejenige mit den Verbindlichkeiten wird dann als überschuldet in die Insolvenz geschickt. Im Erfolgsfall würden auf diese Art und Weise Vergleichsverhandlungen mit den Klägern erzwungen, die gegen eine Streitbeilegung ohne Gerichtsverfahren sind. Allerdings wurde diese Taktik bei großen amerikanischen Firmen von den Gerichten auch schon abgelehnt.
Bayer hatte Anfang März im Zuge eines Strategie-Updates angekündigt, mit Blick auf die Rechtsstreitigkeiten in den USA neue Ansätze zu verfolgen, um rechtliche Risiken zu reduzieren. Mittlerweile wurden neue Kanzleien beauftragt und mit der Juristin Lori Schechter soll eine Rechtsexpertin in den Aufsichtsrat einziehen. „Jedes negative Urteil werden wir anfechten“, sagte CEO Bill Anderson Anfang März. „Aber es ist klar, dass eine Verteidigungsstrategie allein nicht ausreicht.“ Vielmehr gehöre dazu „auch eine intensivere Zusammenarbeit mit anderen Akteuren im Bereich der Politik.“ Was genau das bedeutet, ließ er offen.
Das Thema hat Bayer schon 13 Milliarden Euro gekostet, hatte Finanzchef Wolfgang Nickl damals erklärt. Ende Januar waren noch rund 54.000 Fälle offen, 2000 mehr als im Oktober. Die Rückstellungen beliefen sich Ende 2023 auf 6,3 Milliarden US-Dollar (5,7 Mrd Euro). Auf die Frage, ob das ausreichen wird, sagte Nickl, er hoffe es, könne es aber nicht garantieren. “Was ich garantieren kann, ist, dass viele Leute sehr methodisch auf die Sache schauen, auch die Wirtschaftsprüfer.“
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