Schwabe vs. Queisser

Ginkgo: Doppelherz mit Sternchen?

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Berlin -

Bei den Doppelherz-Präparaten von Queisser kann man schnell die Übersicht verlieren. Denn für so ziemlich jedes Wehwehchen gibt es verschiedene Kombinationen. Welche Wirkung dann auf welchen Bestandteil zurückzuführen ist, erschließt sich auf den ersten Blick nicht unbedingt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun eine Klage des Tebonin-Herstellers Dr. Willmar Schwabe beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt.

Im dem Streit geht es „Doppelherz aktiv Ginkgo + B-Vitamine + Cholin“. Der Hersteller bewirbt sein Nahrungsergänzungsmittel auf der Vorderseite damit, dass es gut „für Gehirn, Nerven, Konzentration und Gedächtnis“ ist. Auf welche Zutaten die ausgelobte Wirkung zurückzuführen ist, wird erst auf der Rückseite erläutert. Auf der Vorderseite wird lediglich allgemein auf B-Vitamine und Zink verwiesen.

In den Vorinstanzen war Schwabe nicht erfolgreich: Sowohl Landgericht als auch Oberlandesgericht Düsseldorf wiesen die Klage ab. Der allgemeine Verweis sei zulässig, weil ihm – wie in der EU-Richtlinie vorgeschrieben – die speziellen gesundheitsbezogenen Angaben beigefügt seien. Die Aussagen seien durch anerkannte wissenschaftliche Nachweise gesichert und als zugelassene Health Claims abgesegnet. Anhaltspunkte, dass die Kombination bestimmte Wirkungen abschwäche, lägen nicht vor.

Schließlich erwarte der Durchschnittsverbraucher auch nicht, dass alle Angaben auf der Vorderseite der Verpackung vollständig seien; vielmehr sei er es gewohnt, auch die Zutatenliste auf der Rückseite zu lesen. Insofern dürfte für ihn auch klar sein, dass nicht alle ausgelobten Wirkungen auf jede einzelne Zutat gleichermaßen zurückzuführen sei.

So einfach wollte es sich der BGH nicht machen. Zwar haben die Richter in Karlsruhe in den Urteilen der Vorinstanz keine Rechtsfehler entdeckt. Sie haben den Fall aber trotzdem dem EuGH vorgelegt. Denn für sie geht es um die Frage, ob die Richtlinie dahingehend auszulegen ist, dass die konkreten Aussagen zu einzelnen Wirkstoffen ebenfalls auf die Vorderseite gehören oder ob wenigstens dezidiert auf sie hinzuweisen ist.

Wörtlich heißt es in der Richtlinie: „Verweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile des Nährstoffs oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden sind nur zulässig, wenn ihnen eine […] spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist.“ Unter Beifügen verstehen die Richter eigentlich eine direkte räumliche Anbindung oder wenigstens einen Sternchenhinweis. Für einen strengen Auslegungsmaßstab spricht laut BGH, dass es um den Verbraucherschutz geht.

Tatsächlich ist die Frage – zumindest für die konkret Beteiligten – schon theoretischer Natur. Denn Queisser hat den Claim auch auf der Vorderseite angepasst und die Aussagen den konkreten Bestandteilen zugeschrieben. Schwabe wiederum will Drogerie-Ginkgo eigentlich komplett verbieten lassen. Bereits mehrfach war der Phytohersteller erfolgreich: Bei einer Dosierung von 100 mg sei eine pharmakologische Wirkung zu erwarten und ein Vertrieb als Lebensmittel damit unzulässig, urteilten das Oberlandesgerichts Hamm und das Oberverwaltungsgericht Lüneburg zuletzt.

In einem der beiden Verfahren wollte Klosterfrau als beklagte Partei eigentlich vor den BGH. Doch dann einigte sich der Kölner Hersteller mit Schwabe: „Klosterfrau Ginkgo Plus“ durfte noch bis Ende 2017 abverkauft werden, im Gegenzug wurde auf Revision verzichtet. So muss Queisser womöglich für sein Produkt noch selbst in Karlsruhe streiten – und zwar unabhängig von der Frage, was auf der Vorderseite steht. Vor Gerichten in Hamburg wurde bereits vor Jahren über die Frage gestritten.

Von den zuletzt 195 Millionen Euro Umsatz auf Basis der Apothekenverkaufspreise (AVP) entfallen 46 Prozent auf Schwabes Tebonin. Neben den Varianten mit 40, 80 und 120 mg gibt es seit 2008 „Tebonin konzent“ mit 240 mg und seit 2013 „Tebonin 120 mg bei Ohrgeräuschen“. Laut Insight Health ist Tebonin die Nummer 2 unter den OTC-Produkten im Versandhandel; fast ein Viertel des Umsatzes entfällt bei dem Schwabe-Produkt auf diesen Vertriebskanal.

Gingium (Hexal) kommt auf 31 Prozent, Ginkobil Ratiopharm auf 16 Prozent und Ginkgo-Maren (Krewel Meuselbach) auf 3 Prozent. Der Rest verteilt sich auf Produkte von Klinge (Binko), 1A Pharma, Sandoz, KSK (Kaveri) und die Schwabe-Zweitmarken Rökan und Craton.

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