Gerste, Geld, Generika APOTHEKE ADHOC, 27.10.2008 13:09 Uhr
Mit dem Zusammenbruch des isländischen Bankensystems steht auch das Imperium des isländischen Milliardärs und Actavis- Hauptaktionärs Björgólfur Thor Björgólfsson unter Druck. In nicht einmal zwanzig Jahren hat der Spross einer der wichtigsten isländischen Familiendynastien ein weltumspannendes Firmennetz geschaffen. Als erster Millionär Islands verwaltet Björgólfsson von London aus seine zahlreichen Beteiligungen.
Der Umgang mit extremen Hochs und Tiefs wurde Björgólfsson bereits in die Wiege gelegt: Einem Bericht des Magazins „Forbes“ zufolge überwand sein Urgroßvater, der Ende des 19. Jahrhunderts als 15-Jähriger aus Dänemark nach Island kam, zwei Insolvenzen, bevor er zu einem der mächtigsten Landbesitzer des Inselstaats wurde.
In der Familie gab es Premierminister, Botschafter und Großindustrielle. Björgólfssons Vater, Björgólfur Guðmundsson, war nach verschiedenen Stationen zuletzt Chef und Mehrheitseigner der mittlerweile verstaatlichten Landsbanki. Ihm gehört außerdem der englische Fußballclub West Ham United.
In den 1980er-Jahren war die Familie mit ihrer Reederei Hafskip in einen handfesten Korruptionsskandal verwickelt; Guðmundsson wurde zu einer Gefängnisstrafe auf Bewährung veruteilt. Zu dieser Zeit verließ Björgólfsson Island, um in New York Wirtschaft zu studieren. Wie schon sein Vater ging er Anfang der 1990er-Jahre nach Russland, um Geschäfte zu machen.
Zunächst gründete Björgólfsson gemeinsam mit seinem Partner Magnús àžorsteinsson in St. Petersburg eine Getränkefabrik, in der Softdrinks für Pepsi abgefüllt wurden. Dann stiegen die isländischen Unternehmer auf Bier um und setzten sich mit der Brauerei Bravo (Ochota, Botchkarov, Löwenbräu) in einem mitunter brutal umkämpften Markt durch.
Anfang 2002 verkauften die Isländer ihr Geschäft für rund 300 Millionen Euro an Heineken. Björgólfsson kaufte zunächst Land, engagierte sich dann aber auf dem Balkan und in Osteuropa bei der Privatisierung ehemals staatlicher Telekommunikationsanbieter. Ein Teil der Investments wurde mittlerweile wieder abgestoßen.
Bereits Ende der 1990er-Jahre stieg Björgólfsson nach Gesprächen mit der Deutschen Bank beim bulgarischen Generikahersteller Balkanpharma ein. Kurze Zeit später fusionierte Björgólfsson das Unternehmen mit zwei isländischen Lohnherstellern - Actavis war geboren. Geschäftsführer Robert Wessman trieb die rasante Expansion voran, im Mai 2004 wurden die mittlerweile zahlreichen weltweiten Tochterunternehmen einheitlich umbenannt.
Im Mai 2007 nahm Björgólfsson Actavis von der Börse. Der Milliardär verdoppelte damit seinen Anteil auf rund 80 Prozent des Aktienkapitals am Unternehmen. Mit dem Fall von Landsbanki geriet jedoch offenbar auch Björgólfssons Finanzsituation unter Druck. Medienberichten zufolge belaufen sich die Außenstände alleine bei der Deutschen Bank auf drei Milliarden Euro. Derzeit prüft laut einem Sprecher von Björgólfssons Beteiligungsfirma Novator die US-Bank Merrill Lynch die verschiedenen Optionen für Actavis.