Beratung als Zugabe unzulässig

Gericht verbietet Gratis-Diagnosen

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Berlin -

Dürfen ärztliche Behandlungen spendiert werden? Ja, befand zuletzt das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG) im Zusammenhang mit der Cannabis-Plattform Algea – solange die beteiligten Ärztinnen und Ärzte trotzdem auf Basis der Gebührenordnung (GOÄ) honoriert werden. Das Kammergericht Berlin kam jetzt in dieser spannenden Frage zu einem anderen Ergebnis: Kostenlose ärztliche Behandlungen seien „Zugaben“ im Sinne des Heilmittelwerberechts (HWG) und damit wettbewerbswidrig.

Anders als im Einzelhandel sind Geschenke im Gesundheitsbereich generell unzulässig. Die Voraussetzungen für die Werbung oder Gewährung von sogenannter Zuwendungen und Werbegaben werden in § 7 HWG geregelt. Sinn und Zweck der Regelung ist es, eine unsachliche Beeinflussung von Patienten zu verhindern.

Dass der Begriff der „Zuwendung“ weit ausgelegt wird und auch kostenlose ärztliche Behandlungen erfasst, zeigt der Hinweisbeschluss des Kammergerichts in einem Verfahren, das die Wettbewerbszentrale gegenüber einem Unternehmen angestrengt hat, das zahnmedizinische Produkte und Dienstleistungen vertreibt.

Schon in erster Instanz war das Angebot vor drei Jahren durch das Landgericht untersagt worden. Vor dem Kammergericht ging es nur noch um die Werbung mit einer kostenlosen Beratung und Diagnose für eine zahnärztliche Behandlung – namentlich der Erstellung eines interoralen 3D-Scans sowie einer digitalen Volumentomographie (DVT). Das Unternehmen hatte sich gegen die diesbezügliche Verurteilung mit der Berufung zur Wehr gesetzt. Mit dem Hinweisbeschluss gab das Kammergericht nun zu erkennen, dass es beabsichtige, die Berufung zurückzuweisen.

Gratis-Diagnose nicht üblich

Verbraucher seien daran gewöhnt, dass ärztliche Untersuchungen gerade unter Einsatz bildgebender Verfahren nicht kostenfrei erbracht würden. Der Eindruck, etwas geschenkt zu bekommen, werde noch dadurch verstärkt, dass der Preis für das bildgebende Verfahren von 150 bis 300 Euro explizit genannt und die Aktion als „Bonus für Sie“ bezeichnet wurde. Eine – ausnahmsweise zulässige – handelsübliche Nebenleistung liege schon deshalb nicht vor, weil in herausgehobener Weise mit der Kostenlosigkeit geworben worden sei.

Kein Einzelfall

Auch gegen Algea war die Wettbewerbszentrale vorgegangen, hier hatte die Plattform die Behandlungskosten übernommen. In wieder einem anderen Fall hatte kürzlich das Landgericht Bochum einer Fachklinik untersagt, Werbung für Magenverkleinerungen mit einer kostenlosen Beratung zu bewerben. Auch hier stellte das Gericht entscheidend darauf ab, wie der angesprochene Verbraucher die Werbung verstehe. Dass die Erstberatung angeblich nicht durch Ärzte erfolgte, war dabei unerheblich: Eine derart umfassende Beratung würde aus Sicht der Kunden auch dann eine üblicherweise kostenpflichtige Leistung darstellen, wenn sie etwa von Ernährungsberatern erbracht würde.

Patientinnen und Patienten sollen laut Wettbewerbszentrale nach dem Sinn und Zweck der Regeln des HWG nicht durch kostenlose Anreize zu weitreichenden geschäftlichen Entscheidungen veranlasst werden. Flankiert werde dies durch die ärztliche Gebührenordnung (GOÄ), die eine angemessene Honorierung ärztlicher Leistungen sicherstellen solle. „Was Patienten in den genannten Fällen als attraktives Angebot erscheinen mag, verzerrt aus Sicht der Wettbewerbszentrale letztlich den Wettbewerb.“

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