Gericht verbietet Apotheken bei Amazon Alexander Müller, 28.03.2018 14:31 Uhr
Apotheken müssen besonderes Augenmerk auf den Datenschutz legen, wenn sie über Amazon apothekenpflichtige Arzneimittel verkaufen wollen. Das Landgericht Dessau/Roßlau hat heute einem Apotheker aus Sachsen-Anhalt verboten, die Plattform in der bisherigen Form zu nutzen. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
Apotheker Michael Spiegel (Linden-Apotheke in Gräfenhainichen) verkauft mit dem Verkäuferprofil „Aposparer“ unter anderem apothekenpflichtige Medikamente über Amazon. Dafür wurde er von seinem Kollegen Hermann Vogel jr. (Winthir-Apotheke in München) vor Gericht gezogen, dieser hatte im Juli 2017 Klage gegen seinen Kollege erhoben.
Das Landgericht hat in erster Instanz Vogel recht gegeben. Spiegel darf künftig keine apothekenpflichtigen Medikamente über Amazon vertreiben, solange bei dem Anmelde- beziehungsweise Kaufprozess über die Internet-Handelsplattform nicht sichergestellt ist, dass der Kunde vorab seine Einwilligung mit einer Erhebung, Verarbeitung und Nutzung seiner Gesundheitsdaten gegenüber einer Person oder Institution erteilen kann, die zum Umgang mit diesen gesundheitsbezogenen Daten berechtigt ist.
Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Spiegel kann gegen die Entscheidung auch noch in Berufung gehen. Unabhängig davon könnte der Datenschutzbeauftragte des Landes Sachsen-Anhalt jetzt in diesem Fall aktiv werden.
Vogel hatte einen Verstoß gegen den Datenschutz gesehen. Denn bei den Informationen zur Bestellung handele es sich um besonderen Daten im Sinne des § 3 Abs. 9 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). In der mündlichen Verhandlung am 21. Februar war auch die Frage erörtert worden, ob konkurrierende Apotheker durch etwaige datenschutzrechtliche Verfehlungen überhaupt wettbewerbsrechtlich betroffen sein können.
In der mündlichen Verhandlung hatte Vogel die Richterin auf die Relevanz für seinen Berufsstand hingewiesen, bevor sein Anwalt von der Kanzlei Smith, Gambrell und Russell die rechtlichen Ausführungen folgen ließ. Das Argument: Der Mitbewerber nehme billigend in Kauf, dass jemand – in diesem Fall Amazon – mit den besonders schützenswerten Daten in Verbindung kommt, der damit nicht umgehen kann.
Vogels Anwalt hatte dies an einem Beispiel erklärt: Gegenüber der Apotheke seines Mandanten befinde sich eine Tankstelle, die rund um die Uhr geöffnet habe. Selbst wenn ein Kunde in der Apotheke explizit zustimme, dass die Apotheke ein bestelltes Arzneimittel zur späteren Abholung bei der Tankstelle hinterlege, sei dies dem Apotheker verboten.
Moniert wird auch, dass alle Personen, die vor Einstieg des Konzerns in den Versandhandel mit apothekenpflichtigen Medikamenten schon Kunden bei Amazon waren, „zu keinem Zeitpunkt eine Genehmigung zur Speicherung und Weiterverarbeitung von gesundheitsbezogenen Daten abgegeben haben“. Dennoch erfolge im Auftrag des Apothekers eine Speicherung von Adressen, Zahlungsdaten des Bestellers und Name des Medikaments, welches wiederum Rückschlüsse auf das Krankheitsbild des Bestellers zulasse. Aber auch bei der Eröffnung eines Kontos werde der Kunde heute nicht gefragt, ob die Speicherung seiner Daten durch Amazon oder für einen Apotheker, der sich als Händler registriert habe, erfolgen dürfe. Dies sei „datenschutzrechtlich unzulässig und zu unterbinden“.
Im Juni 2017 waren bei 41 Versandapotheken, die ihre Produkte über Amazon anboten, Abmahnungen wegen Verstoßes gegen den Datenschutz eingegangen. Wie die Kanzlei betont, geht es nicht um ein „Abmahngeschäft“, sondern um die rechtliche Klärung des Sachverhaltes.
Vogel hatte zudem ein Gutachten von dem Juristen Professor Dr. Heinrich Amadeus Wolff anfertigen lassen, dass den Verkauf apothekenpflichtiger Arzneimittel über Amazon rechtlich bewertet – und in der seinerzeit praktizierten Form ebenfalls kritisch sieht.