Versender und Online-Ärzte

Gericht stoppt Teleclinic und DocMorris Laura Schulz, 29.05.2024 15:21 Uhr

Von DocMorris zu Teleclinic und wieder zurück für Viagra "in wenigen Klicks": Das Landesgericht München sieht hier den Tatbestand der unlauteren Patientenzuführung. Screenshot DocMorris
Berlin - 

Schon länger verweist DocMorris zur Verschreibung von Arzneimitteln auf Teleclinic – die Tochterfirma wirbt wiederum für eine Bestellung über den niederländischen Versender. Dass sich hier die Apotheken vor Ort benachteiligt fühlen, verwundert nicht. Die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) ging dagegen vor und konnte sich vor dem Landgericht München I durchsetzen. Ähnlich entschieden die Gerichte auch schon bei der Kooperation zwischen Zava und Shop Apotheke.

Die Kammer beanstandete unter anderem die als irreführend angesehenen Bewertungen von nicht verifizierbaren Kund:innen auf der Teleclinic-Seite, die von den positiven Erfahrungen mit dem Portal berichteten. Auch die Werbung für apothekenpflichtige Arzneimittel ohne die erforderlichen Pflichtangaben auf der Seite monierte die Kammer. Diese Punkte erkannte Teleclinic auch an.

„In wenigen Klicks“ zu Viagra & Co.

Was nun den Großteil des Verfahrens ausmachte, war die von Teleclinic beworbene Verschreibung von Arzneimitteln gegen erektile Dysfunktion. Dies geschieht über das Ausfüllen eines Fragebogens, was laut AKNR ohne richtiges Arztgespräch nicht rechtens sei. Dass DocMorris für eben solche Leistungen auch noch auf Teleclinic verweist, sah die Kammer zudem als unzulässige Patientenzuführung an. Denn bei entsprechender Google-Suche gelange man schnell auf DocMorris, von dort werde man dann zu Teleclinic gelotst. Diese Zuführung stritt Teleclinic im Verfahren jedoch ab.

Das Gericht sah das anders: „Der Klage war ganz überwiegend stattzugeben. Den Unterlassungsanträgen der Klägerin war vollumfänglich zu entsprechen [...].“ So liege bei der Werbung für Rx-Arzneimittel gegen erektile Dysfunktion laut Gericht „eine unlautere und damit unzulässige geschäftliche Handlung vor“. Teleclinic habe damit gegen das Werbeverbot für Fernbehandlung nach § 9 Heilmittelwerbegesetz (HWG) verstoßen.

Entscheiden, ob der genutzte Fragebogen generell ausreichend für eine solche Verschreibung ist, wollte das Gericht nicht, da entsprechende Gesetzestexte dahingehend nicht ausreichend detailliert seien. Zumindest im vorliegenden Fall seien die „allgemein anerkannten fachlichen Standards“ nicht erfüllt worden, da Teleclinic hier nicht einmal die Möglichkeit zum persönlichen Arztgespräch anbiete. „Damit widerspricht die Beklagte in jedem Fall dem Standard, der sich aus den Fachinformationen ergibt. Denn danach soll jedenfalls im Regelfall eine körperliche Untersuchung stattfinden.“

Wirtschaftliche Interessen im Vordergrund

Abschließend befindet das Landgericht zu diesem Punkt: „Die angegriffene Werbung vermittelt den Eindruck, dass die Medikamente, wie es an einer Stelle sehr plakativ und ausdrücklich heißt, quasi immer ,in wenigen Klicks‛ erhältlich sind. Dass gegebenenfalls eine ärztliche Videosprechstunde erforderlich sein soll, wie die Beklagte hier vorbringt, ergibt sich für den Seitennutzer gerade nicht.“

Teleclinic kann in Revision gehen. Bisher wird man von DocMorris auf der Suche nach Viagra weiterhin auf den Teleclinic-Fragebogen verwiesen.

Bereits im Juli 2022 hatte die AKNR abgemahnt, damals ging es in einigen Punkten auch noch um einen Wettbewerbsverstoß beim Umgang mit Papierrezepten. Diese Punkte wurden jedoch nach der Einführung des E-Rezeptes für erledigt erklärt. Teleclinic erkannte einige Punkte der Kammer bereits in Teilen an; stritt aber noch über die Kosten mit der Kammer.