Interview Noweda

„Genossenschaften wichtiger denn je“

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Die Essener Apothekergenossenschaft Noweda hat im vergangenen Jahr kräftig zulegt. Trotz der drohenden Einschnitte wegen der Umstellung der Großhandelsvergütung ist Noweda-Chef Wilfried Hollmann zuversichtlich. Mit APOTHEKE ADHOC sprach er über die Bedeutung der Dividende, Röslers Pläne und die Stärken von Genossenschaften.

ADHOC: Sie haben im vergangenen Jahr 1000 Apotheker überzeugt und damit jetzt 8000 Mitglieder. Wie haben Sie das gemacht?
HOLLMANN: Ich denke, wir sind am Markt als apothekereigenes Wirtschaftsunternehmen anerkannt. Aber natürlich spielt dabei auch die Ausdehnung unseres Liefergebiets eine Rolle. Und dann sind viele Apotheker davon überzeugt, dass die Genossenschaft für die Apotheken heute wichtiger ist als je zuvor - als Ertragssäule, vor allem aber als Marktregulativ auf der vorgelagerten Handelsstufe.

ADHOC: Wie wichtig ist die Dividende?
HOLLMANN: Die Dividende ist sehr wichtig. Zum Teil haben unsere Apotheker größere Beträge in die Noweda investiert; für viele ist das eine Form der Altersvorsorge. Diesen Vorteil haben Apotheken bei anderen Großhandlungen eben nicht.

ADHOC: Sie schütten seit Jahren zweistellig aus. Sparen Sie bei den Konditionen?
HOLLMANN: Das können wir nicht, denn wir agieren am Markt im Wettbewerb. Der einzige Spielraum, den wir haben, sind die Kosten, und wir sind eben effizienter als andere Unternehmen.

ADHOC: Macht Ihnen Minister Rösler einen Strich durch die Rechnung?
HOLLMANN: Die derzeit im Raum stehenden Vorschläge wären für jeden Großhändler fatal und - weil wir im gleichen Boot sitzen - auch für die Apotheken. Die von Rösler genannte Zahl - 175 Millionen Euro Belastung für die Apotheken - entspricht ja nicht der Realität. Sie können keinem Großhändler 2,3 Prozent Marge wegnehmen, das können Sie in jeder Bilanz lesen. Also wird die Belastung auch an die Apotheken weitergegeben.

ADHOC: Das hört sich nach einer Doppelbelastung für Genossenschaftsmitglieder an.
HOLLMANN: Nein, ganz und gar nicht. Die genaue Höhe der zukünftigen Großhandelsvergütung ist zwar noch nicht bekannt, aber der Effekt wird ja überall derselbe sein. Aber es gibt einen Unterschied: Wenn der Großhandel sich über die Konditionen irgendwie Luft verschaffen kann, dann profitieren wenigstens die Apotheker, die Genossenschaftsmitglieder sind. Alle Erträge gehören den Noweda-Mitgliedern, denn sie sind die Eigentümer und wir geben jeden Vorteil 1:1 weiter, in Form von Vergütungen, Leistungen oder Dividende.

ADHOC: Sie klingen sehr zuversichtlich.
HOLLMANN: Die Noweda ist gut aufgestellt. Wir haben in den vergangenen zwei Jahren unser Eigenkapital um 60 Millionen Euro verbessert; wir stehen besser da als vor der Kapferer-Übernahme. Und unser Neubau in München wird gerade mit Ware bestückt und geht in vier Wochen in Betrieb.

ADHOC: Sind denn Ihre Neuzugänge aktive Kunden?
HOLLMANN: 90 Prozent sind aktive Kunden, 10 Prozent werden dies in absehbarer Zeit werden. Es sind übrigens viele junge Apothekerinnen und Apotheker, die zur Noweda gekommen sind. Nach zwölf Jahren zahlt sich unsere betriebswirtschaftliche Seminarreihe an den Universitäten auch langsam aus.

ADHOC: Wem haben Sie die Kunden weggenommen?
HOLLMANN: Wir nehmen keinem die Kunden weg. Aber man kann schon sagen, dass viele unserer neuen Mitglieder von Unternehmen kommen, die sich nicht eindeutig zur unabhängigen inhabergeführten Apotheke bekennen.

ADHOC: Ist am Markt Platz für eine dritte Genossenschaft?
HOLLMANN: Sie sprechen die Gesine an. Ich meine, der Markt wird es regeln, ob die Gesine tatsächlich ein Wettbewerber für die Noweda sein wird. Ich glaube, man macht sich bei Gesine bestimmt schon Gedanken, ob man überhaupt an den Start gehen soll; zumindest deutet die Verschiebung darauf hin. Auch wenn das Vorhaben enthusiastisch präsentiert wurde: Letztlich wird der Markt sehr schnell entscheiden, ob das Konzept - insbesondere auch für die Apotheken, die sich finanziell beteiligen - Erfolg haben wird.

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