Deutschlands größter privater Pharmagroßhändler von der Linde gehört ab 2009 zur Sanacorp. Seit 1825 befand sich das Unternehmen in Familienbesitz; jetzt haben die Inhaber Ulrich und Kathrin von der Linde ihre Anteile in die Münchner Genossenschaft eingebracht. In Düsseldorf herrscht Aufbruchstimmung. APOTHEKE ADHOC sprach mit Ulrich von der Linde über die Hintergründe und Zukunftserwartungen.
ADHOC: Herr von der Linde, warum haben Sie an die Sanacorp verkauft?
VON DER LINDE: Das ist Ihre Interpretation. Meine Schwester und ich sehen das Ganze weniger als Verkauf, auch wenn die Sanacorp natürlich unsere Anteile erwirbt. Immerhin werde ich mich im Rahmen meiner Tätigkeit und wir uns beide – in einem gewissen Rahmen – auch finanziell bei Sanacorp engagieren. Das Unternehmen von der Linde besteht weiter, und entscheidend für Kunden, Mitarbeiter und den Markt insgesamt ist doch, was passiert, wenn zwei Unternehmen wie die Sanacorp und von der Linde zusammen gehen.
ADHOC: Wie kam es denn zum Zusammenschluss? Warum jetzt?
VON DER LINDE: Es gibt gute Zeiten für solche Vorhaben und schlechte. Wir haben die Gespräche Mitte des Jahres in einer komfortablen Lage aufgenommen. Neben der Modernisierung der EDV und Telekommunikationstechnik spielte vor allem die bundesweite Präsenz eine Rolle. Diese wäre für uns alleine so nicht darstellbar gewesen.
ADHOC: Gab es alternative Gespräche?
VON DER LINDE: Wir haben uns mit den privaten Großhändlern immer gut verstanden; diese Beziehung hätte intensiviert werden können. Letztendlich mussten wir uns aber für ein Konzept entscheiden: Feste Ehe oder lose Partnerschaft. Mit der Sanacorp passt Vieles zusammen, deshalb haben wir Nägel mit Köpfen gemacht.
ADHOC: Nun stehen umfangreiche Umstrukturierungen an?
VON DER LINDE: Natürlich. Wir sind da gedanklich bereits in einem sehr fortgeschrittenen Stadium. Vor allem im Bereich Technik/EDV wird es Synergien geben, aber auch bei der Logistik.
ADHOC: Die Sanacorp hat vor gut einem Jahr in Gelsenkirchen eine Niederlassung eröffnet, von der Linde erst vor wenigen Wochen im benachbarten Herne. Was passiert mit den Standorten?
VON DER LINDE: Wir werden das größere Haus gemeinsam nutzen. Der Standort in Gelsenkirchen wird aufgegeben, die Mitarbeiter werden nach Herne wechseln. Umgekehrt besteht natürlich die Möglichkeit, dass von der Linde kurzfristig die Strukturen der Sanacorp nutzt, vor allem außerhalb unseres klassischen Liefergebiets wie in Hamburg.
ADHOC: Wie reagieren denn Mitarbeiter und Kunden auf den Zusammenschluss?
VON DER LINDE: Für die Mitarbeiter war natürlich die Arbeitsplatzgarantie entscheidend, die Kunden werden persönlich informiert. Ich denke aber, es gibt nur Vorteile für alle Beteiligten: Die Kunden haben neben neuen Leistungsangeboten auch die Möglichkeit, sich an einem der größten Pharmagroßhändler Deutschlands zu beteiligen, und auch für die Mitarbeiter eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten. Ich denke, beide Unternehmen profitieren voneinander.
ADHOC: Wie sehen Sie denn die Zukunft des genossenschaftlichen und privaten Großhandels?
VON DER LINDE: Ich denke, wir sind im Wettbewerb sehr gut aufgestellt. Wir haben von allen Marktteilnehmern die beste Startbasis für die kommenden Jahre. Sehen Sie, manch einer unserer großen Mitbewerber weiß derzeit überhaupt nicht, wem er in den nächsten Jahren gehören wird. Das ist bei uns anders. Genossenschaftliche und private Großhändler sind deutlich stabiler.
ADHOC: Wie stellen sich die verschiedenen Apothekenkooperationen von Sanacorp/von der Linde auf?
VON DER LINDE: Es wird sowohl „Meine Apotheke“, EMK als auch die Partner Apotheken weiter geben. Auch hier werden wir die Aktivitäten bündeln. Die beiden Kooperationen mit Außenauftritt werden sich differenzieren; vermutlich werden wir schon im ersten Quartal Ideen vorstellen. EMK wird weiterhin Bausteine für das individuelle Marketing der Apotheken liefern.
ADHOC: Wie sieht denn Ihre Zukunft bei Sanacorp/von der Linde aus?
VON DER LINDE: Ich bleibe als Geschäftsführer bei von der Linde im Amt und werde zusätzlich Positionen in Vorstand und Geschäftsführung der Sanacorp übernehmen. In meine Verantwortung wird der Einkauf fallen. Ich freue mich auf die neuen Herausforderungen.
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