Den ganzen Sommer über ging es bei der Stada turbulent zu; jetzt benötigt der Konzern positive Nachrichten, um bei den Aktionären neues Vertrauen zu gewinnen. Gute Neuigkeiten kommen aus Deutschland, sehr gute sogar: Das Markengeschäft zog in den ersten neun Monaten um sagenhafte 47 Prozent an. Merkwürdig nur, dass im Markt niemand von dem außerordentlichen Erfolg etwas mitbekommen hat.
Die Stada ist in zwei Geschäftsbereichen aktiv: Generika und Markenprodukte. Während das Geschäft mit Nachahmerprodukten jeweils von den Rabattverträgen abhängt und zuletzt eher rückläufig war, ging es im OTC-Bereich in den vergangenen Jahren regelrecht „planwirtschaftlich“ zu: Nach neun Monaten stand 2013, 2014 und 2015 jeweils ein Umsatzwert von 97,3 beziehungsweise 97,4 Millionen Euro in den Büchern.
In diesem Jahr ging der Umsatz mit Marken wie Grippostad, Ladival und Hoggar durch die Decke: Mit 143,1 Millionen Euro liegt der Konzern 47 Prozent über Vorjahr – und sogar 17 Prozent über dem Jahresumsatz 2015. Der Erfolg zieht sich durch den gesamten Jahresverlauf: Während das erste Quartal noch 31 Prozent über Vorjahr lag, waren es im zweiten Quartal sogar 85 Prozent. Von Juli bis September holte die Stada 14 Millionen Euro mehr als im Vorjahr, ein Plus von 45 Prozent.
Branchenkenner staunen nicht schlecht, denn so ein Erfolg war niemandem aufgefallen. Was war passiert? Helmut Kraft, Vorstand Finanzen und Marketing/Vertrieb, erklärt den Erfolg mit Optimierungen im Portfolio, einer Produktlinienerweiterung bei Ladival und erfolgreichen Marketingaktivitäten bei Hoggar. Außerdem sei die starke Performance durch eine frühzeitige Bereitstellung bereits vor der Erkältungssaison unterstützt worden. Darüber hinaus will sich der Konzern nicht weiter zu seinem Erfolgsrezept äußern.
Tatsächlich hatte die Stada ihren Abverkauf zuletzt deutlich intensiviert: Wer seine alten Konditionen behalten wollte, musste etwa von Ladival im Rahmen der Bevorratung für das kommende Jahr die doppelte Menge bestellen. Sofern solche Aktionen für den Umsatzsprung verantwortlich sein sollten, hätte der Konzern eine teure Hypothek auf sein zukünftiges Geschäft aufgenommen.
Allerdings ist fraglich, ob der Konzern solche Aufträge schon als Umsatz ausweisen könnte. Terminaufträge können eigentlich erst fakturiert werden, wenn die Apotheke die Rechnung erhalten hat, und das ist im Direktgeschäft in der Regel erst bei der Auslieferung der Ware der Fall. Und selbst dann dauert es wegen der meist großzügigen Valuta bei Bevorratungsaktionen noch einige Monate, bis das Geld auf dem Konto ist.
So spiegeln die Zahlen der Martkforschungsunternehmen die Entwicklungen, die man in Bad Vilbel skizziert, auch gar nicht wieder. Bei den Stada-Marken ist ein rückläufiger Abverkauf in den Apotheken dokumentiert. Der Sell-in, also die Lieferung von Ware an die Apotheken, legte zwar zu, allerdings nur im niedrigen einstelligen Prozentbereich.
Dass der Konzern die Ware beim Großhandel untergebracht hat, ist eher unwahrscheinlich: Vor dem Jahreswechsel sind Phoenix, Noweda, Gehe & Co. bestrebt, ihre Bestände abzubauen. Denn bei der Inventur sollen die Bestände aus buchhalterischen Gründen möglichst gering sein.
Bliebe also noch das Ausland – Stichwort Shop-Apotheke beziehungsweise DocMorris. Oder der Graumarkt. Allerdings sei ihm nicht aufgefallen, dass Stada-Produkte im Markt herum vagabundierten, sagt einer, der sich in dem Bereich auskennt.
Er gibt noch zu bedenken, dass die Stada mit den Großhändlern ein Fremdkaufverbot vereinbart hat. Wenn die Umsätze auf Pump generiert worden sein sollten, die Produkte irgendwo „zwischengeparkt“ wurden, müssten sie irgendwann als Bumerang in Form von Retouren zum Konzern zurückkommen. „Irgendwo muss die Ware ja sein.“
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