Bei der Stada wollen sich die aktivistischen Aktionäre nicht vom Management ins Abseits drängen lassen. Wenn Ende August auf der Hauptversammlung über einen neuen Aufsichtsrat abgestimmt wird, sollen nicht nur die Kandidaten der Verwaltung zur Auswahl stehen. Active Ownership Capital (AOC) ruft die anderen Anteilseigner auf, sich zu verbünden und gemeinsame Vorschläge zu machen. Notfalls will man in eine Kampfabstimmung gehen.
AOC fordert den Umbau des Unternehmens und will in einem ersten Schritt den Aufsichtsrat auswechseln. Anfang Mai hatte der mit 5 Prozent größte Einzelaktionär eine Liste mit fünf Kandidaten vorgelegt, die den bisherigen Aufsichtsrat fast komplett ersetzen sollten. Dann einigte man sich auf einen Kompromiss, wonach nur drei Mitglieder ausgetauscht werden sollten.
Doch kurz darauf trat die Stada die Flucht nach vorne an und verschob die ursprünglich für Anfang Juli anberaumte Hauptversammlung auf Ende August. Unabdingbar sei eine „sorgfältig vorbereitete und durchgeführte Auswahl geeigneter Kandidaten“, hieß es. Ein Nominierungsausschuss soll mit Unterstützung der Berliner Unternehmensberatung Egon Zehnder einen strukturierten Auswahlprozess durchführen und mindestens drei neue Aufsichtsräte vorschlagen.
Bei AOC traut man dem Braten nicht. Stada habe eine schriftliche Vereinbarung gebrochen und die gemeinsam festgelegten Aufsichtsratskandidaten nicht zur Wahl vorgeschlagen. Auch das Angebot von AOC, sich bei der Suche einzubringen, sei von Aufsichtsratschef Dr. Martin Abend abgelehnt worden. „Wir haben deshalb das Vertrauen in die derzeitige Verwaltung verloren, den Prozess zur Neubesetzung des Aufsichtsrats in der Hauptversammlung am 26. August 2016 ordentlich, transparent und im besten Interesse der Gesellschaft sowie ihrer Anteilseigner und Mitarbeiter zu führen“, heißt es in einer Stellungnahme.
AOC hat einen Aufruf im Aktionärsforum des Bundesanzeigers gestartet: Alle Aktionäre mit signifikantem Anteilsbesitz sind eingeladen, in einem „professionell aufgesetzten Prozess die bestmögliche künftige Zusammensetzung des Aufsichtsrats zu bestimmen“.
Bis Mittwoch können sich Anteilseigner mit mehr als 75.000 Aktien bei der Personalberatung Spencer Stuart melden, die Kandidaten nach einem definierten Profil zur Auswahl stellt und Vorschläge annimmt. Selbst Interviews mit den potenziellen Aktionärsvertretern sollen möglich sein. Bis Mitte Juli müssen die Kandidaten an den Konzern übermittelt werden. Sollten die Kandidaten dann nicht auf die Vorschlagsliste für die Hauptversammlung genommen werden, will AOC mit Gegenanträgen in die Kampfabstimmung gehen. Beim Investor geht man davon aus, dass sich bis zu 20 Prozent der Aktionäre an der Aktion beteiligen werden.
AOC hatte Anfang April eine Beteiligung von gut 5 Prozent an Stada, dazu kamen Optionen über weitere 1,9 Prozent. „Wir finden die Strategie der Stada im Grundsatz gut: Internationalisierung und Fokussierung auf das Markengeschäft“, sagte AOC-Partner Florian Schuhbauer. „Aber dem Management muss auch der richtige Aufsichtsrat an die Seite gestellt werden.“ Dann hätte die Stada Chancen, in der sich rasant konsolidierenden Branche alleine bestehen zu können. „Ich bin davon überzeugt, dass Stada den Aktienkurs in vier bis fünf Jahren verdoppeln kann.“
Eine weitere Forderung des Finanzinvestors wird aber auch auf der Tagesordnung der im August stattfindenden Hauptversammlung stehen. AOC will eine Umwandlung vinkulierter Namensaktien von Stada in normale Namensaktien durchsetzen, womit die Übertragung von Aktien nicht mehr von der Zustimmung des Unternehmens abhängig wäre. Der Aufsichtsrat kündigte zudem eine externe Bewertung des Vorstandsvergütungssystems an.
Aktionären sind bei börsennotierten Gesellschaften oft die Hände gebunden, wenn es um Absprachen hinsichtlich der Ausübung ihrer Stimmrechte geht. Im Aktionärsforum können dagegen andere Aktionäre aufgefordert werden, gemeinsam einen Antrag zu stellen oder das Stimmrecht auszuüben. Dies ist im Aktiengesetz verankert.
Mitten im Streit mit AOC war der langjährige Konzernchef Hartmut Retzlaff Anfang Juni überraschend „bis auf Weiteres“ von seinem Amt zurückgetreten. Grund sei eine schwere, voraussichtlich länger andauernde Erkrankung des Managers, teilte der Generikakonzern in Bad Vilbel nach einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung mit. Seitdem geht es bei der Stada drunter und drüber. Zuletzt mussten zwei Berater ihren Hut nehmen und Steffen Retzlaff, Sohn des Konzernchefs, zwei Ämter abgeben. Ob sich der Interimsvorstand tatsächlich emanzipiert oder nur die Angriffsflächen minimieren will, lässt sich derzeit schwer abschätzen.
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