Angesichts einer möglichen Übernahme von Stada durch Finanzinvestoren sind Arbeitnehmervertreter besorgt über den Erhalt der Jobs bei dem Pharmakonzern. „Natürlich machen wir uns Gedanken darüber“, sagte Alexander Wiesbach, Betriebsbetreuer der Gewerkschaft IG BCE für Stada. „Die Sicherung der 1300 Arbeitsplätze in Deutschland und auch der Arbeitsbedingungen haben für uns oberste Priorität.“ Man prüfe, wie die drei Bieter für Stada sich bei Firmen-Übernahmen in der Vergangenheit verhalten hätten, um sich für Gespräche vorzubereiten.
Auch Vorstand und Aufsichtsrat von Stada nehmen die Angebote unter die Lupe. Die bereits seit dem 13. Februar laufenden „ergebnisoffenen Gespräche“ seien nun in einen „strukturieren Bieterprozess“ übergeführt worden. „Der transparente und faire Prozess, der weiteren Interessenten offensteht, stellt sicher, dass alle potenziellen Bieter den gleichen Informationsstand sowie die gleiche Gelegenheit erhalten, ihre Pläne für Stada zu präsentieren“, teilte Stada am Wochenende mit.
Die drei potenziellen Bieter seien zudem zu einem so genannten Due-Diligence-Verfahren eingeladen. Due Diligence ist vor einer Übernahme üblich: Dabei werden die vertraulichen Unternehmenszahlen quasi auf „Herz und Nieren“ untersucht.
Im Bieterprozess will die Stada-Führung ermitteln, welches Angebot das beste für das Unternehmen ist. „Vorstand und Aufsichtsrat beabsichtigen, den Bieterprozess gründlich zu führen und effizient im besten Unternehmensinteresse abzuschließen. Dabei wird Stada den Kapitalmarkt regelmäßig über neue Entwicklungen informieren.“
Der US-Finanzinvestor Advent hatte am Donnerstag ein erstes verbindliches Angebot für eine komplette Übernahme des Pharmakonzerns mit Frist bis Montag (27. Februar) vorgelegt und damit konkurrierende Investoren zunächst übertrumpft. Er bietet 58 Euro je Aktie plus die Dividende für 2016. Die Stada-Ausschüttung für 2015 betrug 0,70 Euro und dürfte für das vergangene Geschäftsjahr leicht darüber liegen. Insgesamt würde das Unternehmen mit 3,6 Milliarden Euro bewertet. Die Offerte steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Stada-Vorstands.
Zugleich hatte Advent erklärt, in Stada investieren zu wollen und von einer Aufspaltung, vom Verkauf von „wesentlichen Unternehmensteilen“ abzusehen. Damit einher ging auch ein Bekenntnis zum Standort Deutschland. Wiesbach sieht dies aber skeptisch, auch wenn das Übernahmeangebot als „freundlich deklariert“ sei. „Wir müssen sehen, ob das ernst gemeint oder ein Lippenbekenntnis ist“, sagte Wiesbach. Der Betriebsrat von Stada wollte sich nicht äußern.
Stada beschäftigte rund 10.400 Mitarbeiter weltweit (Stand: 2015) und erzielte zuletzt einen Jahresumsatz von 2,1 Milliarden Euro. Der Pharmakonzern mit Produkten wie Grippostad und der Sonnenmilch Ladival befindet sich seit längerem im Umbau. 2016 war der Investor AOC eingestiegen, hatte Aufsichtsratschef Martin Abend gestürzt und Verbesserungen im Geschäftsmodell verlangt.
Nun dringt der Großaktionär auf einen maximalen Verkaufspreis für Stada, wie AOC am Freitag betonte. Er warnte davor, sich schnell auf das Angebot von Advent festzulegen. „Eine Gleichbehandlung aller seriösen Interessenten ist durch das Management sicherzustellen.“
Analysten erwarten, dass sich das Bieterrennen um Stada in den kommenden Tagen zuspitzt. Neben Advent hatte die britische Beteiligungsgesellschaft Cinven 56 Euro je Aktie und ein dritter, unbekannter Bieter 58 Euro geboten, aber beide nur unverbindliche Offerten abgegeben. Das Analysehaus Independent Research hält höhere Angebote bis etwa 60 Euro für wahrscheinlich.
Andere Experten zeigten sich überrascht, wie kurz die Angebotsfrist von Advent bis diesen Montag sei. Damit wolle der Finanzinvestor offenbar eine schnelle Transaktion erzwingen, schrieb Analyst Thomas Maul von der DZ Bank. Aus Finanzkreisen verlautete, die Offerte sei zwar freundlich verpackt, aber in Wahrheit eine feindliche Übernahme. „Advent setzt Stada die Pistole auf die Brust.“
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