Wettbieten, Scheitern des ersten Übernahmeversuchs, Chefwechsel, dann der hauchdünn besiegelte Verkauf. Der Generikakonzern Stada hat in den vergangenen Monaten einen wahren Krimi erlebt. Nach der zunächst gescheiterten Übernahme im Juni mussten die angelsächsischen Investoren Bain und Cinven im zweiten Anlauf erneut zittern. Mit einer Annahmequote von 63,85 Prozent der Stimmrechte schafften sie die Hürde von 63 Prozent für die milliardenschwere Übernahme gerade so. Auf der Hauptversammlung an diesem Mittwoch (30. August) in Frankfurt geht es nun um den künftigen Kurs bei Stada. Zumal kurz davor auf Drängen der Investoren der halbe Aufsichtsrat gehen muss.
Bain und Cinven planen, das Geschäft des Herstellers international zu stärken – mit besser im Ausland vertriebenen Produkten, Übernahmen und mehr Effizienz. „Viel spricht dafür, dass sie bei Stada zügig durchgreifen“, sagt Ulrich Huwald, Analyst bei der Privatbank M.M. Warburg. Vor Zukäufen will Übergangschef Engelbert Willink den MDax-Konzern aber erst profitabler machen. „Größere Übernahmen, das ist eine Sache in zwei drei Jahren.“
Stada-Beschäftigte sowie Gewerkschaften und Aktionäre fürchten Einschnitte. Unter den Privatanlegern lehnen einige Ärzte und Apotheker die Übernahme der traditionsreichen Stada ab, die 1895 aus einer Apotheker-Genossenschaft hervorging. Widerstand, etwa gegen einen möglichen Job-Abbau, dürfte Willink auf der Hauptversammlung sicher sein. Er hatte bereits angekündigt, unterstützende Bereiche wie IT und Forschung zu bündeln.
Klar ist, dass Bain und Cinven – wie unter Finanzinvestoren üblich – Stada irgendwann mit Gewinn verkaufen wollen und den Firmenwert steigern müssen. Zwar verzichten sie auf betriebsbedingte Kündigungen bis 2020, aber nur für die 158 Beschäftigten in der deutschen Produktion und Fertigung. Stada hat aber weit mehr Mitarbeiter: weltweit 10.900, davon 1100 hierzulande. „Wir sehen Gesprächsbedarf“, sagt Alexander Wiesbach von der Gewerkschaft IG BCE.
Sorgen, dass Stada Spielball von Spekulanten bleibt, sind nicht unberechtigt. Denn unklar ist, was der Investor Paul Singer mit seinem Aktienpaket vor hat. Er hat über seinen Hedgefonds Elliott insgesamt Zugriff auf gut 11 Prozent der Aktien. Gut möglich, dass Singer auf eine Abfindung für Minderheitsaktionäre setzt. Zuletzt war die Aktie auf gut 81 Euro hochgeschossen, deutlich mehr als die Offerte von Bain und Cinven von 66,25 Euro je Papier.
Die Investoren brauchen mehr Macht für einen Konzernumbau. Sie verhandeln mit Stada über einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, um Zugriff auf die Kasse zu erhalten. Den übrigen Aktionären wollen die Investoren ein neues Angebot machen.
Über den Gewinnabführungsvertrag wollen Bain und Cinven auf einer späteren außerordentlichen Hauptversammlung abstimmen lassen. Dafür benötigen sie 75 Prozent der Stimmrechte. Mit einer verlängerten Frist bis 1. September wollen sie weitere einsammeln. „Die Annahmequote könnte noch deutlich zulegen“, meint Analyst Huwald.
Schon auf der regulären Hauptversammlung könnten die Investoren kurzfristig über die Entsendung von Vertretern in den Aufsichtsrat abstimmen lassen. Im Kontrollgremium ist Platz: Auf Drängen von Bain und Cinven müssen neben dem Vorsitzenden Ferdinand Oetker vier weitere Mitglieder bis zum 25. September gehen. Von der Kapitalseite bleibt nur ein Vertreter übrig. Offiziell hat Oetker aus freien Stücken sein Amt niedergelegt. Er soll aber lange gegen den Verkauf gewesen sein, auch wenn er dies stets bestritt.
Auf der Hauptversammlung beschlossen werden soll zudem ein neues Vergütungssystem für den Vorstand, nachdem 2016 ein Vorschlag durchgefallen war. Das neue System sieht mehr variable Bezahlung für die Führungsspitze vor. Für Willink und Finanzchef Bernhard Düttmann wird es nicht gelten, sie haben nur Verträge bis Jahresende. Willink, der den geschassten Ex-Stada-Chef Matthias Wiedenfels ersetzte, deutete zwar an, notfalls länger zu bleiben. Doch eine dauerhafte Lösung für Stada steht noch aus - ausgerechnet in diesen Zeiten.
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