Generikafirmen planen Kontrazeptiva Janina Rauers, 20.09.2011 11:06 Uhr
Traditionell sind bei hormonellen Kontrazeptiva Originalhersteller führend. Doch jetzt wittern die Generikahersteller Marktpotentiale: Denn der Unterlagenschutz für das führende Einphasenpräparat Valette (Dienogest, Ethinylestradiol) der Bayer-Tochter Jenapharm ist bereits im Dezember 2010 ausgelaufen. Dem Vernehmen nach bereiten sich Generikahersteller auf den Markteintritt vor. In der Branche rechnet man damit, dass die ersten Präparate im ersten Quartal 2012 eingeführt werden.
Neben Valette haben Generikahersteller zudem die Kontrazeptiva-Familie Yasmin/Yasminelle/Yaz/Angeliq sowie Petibelle/Aida (Drospirenon, Ethinylestradiol) im Visier. Anfang Juli konnte Sandoz/Hexal im Patentstreit mit Bayer auch in Europa einen Erfolg verbuchen: Das Europäische Patentamt wies das Formulierungspatent für die umsatzstarke Produktgruppe zurück. Bayer prüft derzeit rechtliche Mittel gegen die Entscheidung.
Obwohl für ältere Präparate mit den Wirkstoffen Levonorgestrel, Desogestrel und Chlormadinonacetat mehrere Generika zugelassen sind, dominieren die Originalprodukte den Markt: Lediglich 13,5 Prozent der 19 Millionen verkauften Kontrazeptiva-Packungen sind Generika, beim Umsatz sind es 8,4 Prozent von insgesamt 427 Millionen Euro.
Valette nimmt nach Angaben des Marktforschungsunternehmens IMS Health Platz eins unter den hormonellen Kontrazeptiva ein: 2010 wurden knapp 3 Millionen Packungen abgegeben, auch bei Umsatz und Absatz war das Präparat 2010 führend. Bislang gibt es lediglich ein Generikum zu Valette: Jenapharm selbst bietet seit Mitte Januar mit Maxim eine günstigere Alternative an. Im Gegensatz zu Valette ist Maxim allerdings nicht für mittelschwere Akne zugelassen.
Zwar belegte das Hexal-Präparat Lamuna (Desogestrel) mit 1,6 Millionen Packungen den zweiten Platz, das nächste Generikum, Belissima (Chlormadinacetat) von Rottapharm Madaus, folgt aber mit 504.000 Packungen erst auf Platz 12.
Für die Dominanz der Originalhersteller sorgen mehrere Faktoren: Bei Privatrezepten, die den Großteil der Verordnungen ausmachen, sind die Apotheken nicht zur Substitution verpflichtet. Hinzu kommt, dass die Ärzte nur selten Generika verordnen - Medizinern zufolge wollen nur wenige Frauen zu Generika wechseln.
Stanislava Dicheva vom Zentrum für Sozialpolitik an der Universität Bremen und Mitautorin des Arzneimittelreports der Barmer GEK geht zudem von erfolgreichem „Marketinggeklingel“ der Unternehmen aus - anders sei kaum zu erklären, warum teure Präparate mit möglicherweise ungünstigerem Risikopotential wie Valette oder Yasmin verordnet würden. Gleichzeitig greife bei Kontrazeptiva die Regulierung durch die Budgetierung der Ärzte nicht, da die Belastung durch Originale vergleichsweise gering sei.