Gut ein Jahr nach dem Patentablauf von Sildenafil in Deutschland hat sich der Markt sortiert: Hexal und Ratiopharm haben mit ihren Generika das Original Viagra nach Absatz deutlich und – was entscheidender ist – auch nach Umsatz überholt. Zusammen mit dem eigenen Generikum verteidigt Pfizer allerdings immer noch Platz 1. Weil sich die Preisspirale abwärts dreht, müssen die Hersteller den Absatz weiter nach oben treiben, um die Umsätze wenigstens zu halten.
Dass der Sildenafil-Absatz trotz Verschreibungspflicht anziehen würde, war jedem klar. Doch das Ausmaß hat selbst Generikahersteller überrascht. Ausgehend von Juni 2013 kletterte der Monatsabsatz innerhalb eines Jahres von 750.000 Packungen auf mehr als 1,7 Millionen Einheiten im Juni 2014 – eine Steigerung um 130 Prozent.
Andererseits hatte die Branche nicht mit einem so massiven Preisverfall gerechnet: Trotz der Zuwächse beim Absatz ist der Gesamtumsatz mit Sildenafil um 17 Prozent gesunken: von 40 Millionen Euro im Juni 2013 auf zuletzt gut 33 Millionen Euro. Neben den gesunkenen Preisen spielt dabei natürlich auch die Packungsgröße eine Rolle.
Drei Wochen vor Patentablauf hatte Pfizer ein eigenes Generikum auf den Markt gebracht und die Generikakonkurrenz mit seiner Strategie überrumpelt. Überraschend war weniger, dass sich Pfizer auf Kosten der Marge über ein hauseigenes early-entry einen Vorsprung verschaffen wollte, sondern mit welchem Preis: Die 12er-Packung wurde für 30 Euro auf den Markt geworfen.
Damit war gleichzeitig der Preisanker für die Generikaindustrie gesetzt. Einzelne Hersteller verzichteten trotz Zulassung gleich ganz auf den Launch eines eigenen Präparats. Teurer als das Generikum von Pfizer ist auch heute kein anderer Anbieter. Die Großen der Branche orientieren sich an diesem Preis, am unteren Ende gibt es aber auch Sildenafil zu Discountpreisen.
Der Absatz von Viagra – ohne Reimporte – ist von 410.000 auf 75.000 Packungen gefallen, der Umsatz von 21 auf 4,4 Millionen Euro. Zusätzlich hat Pfizer im Juni 162.000 Packungen seines eigenen Generikums verkauft. Damit hat der Konzern nach Umsatz immer noch einen Marktanteil von rund einem Viertel. Beide Produkte zusammen spülten rund 8,5 Millionen Euro in die Kassen.
Marktführer als Einzelprodukt ist aber Sildehexal mit 240.000 Packungen und 5,5 Millionen Euro Umsatz. Zusammen mit dem Produkt des Schwesterunternehmens 1A Pharma kamen die Holzkirchener im Juni auf etwas mehr als 7,1 Millionen Euro Umsatz. Intern macht sich der Preisunterschied bemerkbar: Während 1A zuletzt etwas mehr als die Hälfte der Packungen abgab, steuert die Konzerntochter nur ein Drittel zum Umsatz bei.
Auf Hexal folgt Ratiopharm mit einem Umsatz von 4,7 Millionen Euro, zusammen mit AbZ sind es rund 5,5 Millionen Euro. Der Mutterkonzern Teva setzt alles daran, die Konkurrenz zu überholen: „Neben der Marktführerschaft streben wir im kommenden Jahr in Deutschland trotz des Preisverfalls einen Umsatz auf Vorjahresniveau an“, heißt es aus Ulm.
Ratiopharm hat eigens eine Studie in Auftrag gegeben, um die Wirkung der eigenen Packung mit Hologramm zu testen. Mit dem Ergebnis ist der Hersteller zufrieden: Gegenüber den Produkten von Pfizer, Hexal und 1A sei das eigene Generikum als besonders attraktiv, vertrauenserweckend und fälschungssicher bewertet worden. Befragt wurden 45 Personen in Einzelinterviews, außerdem gab es vier Gruppendiskussionen mit Apothekern. Laut Ratiopharm war die Durchführung produktneutral.
Stada liegt aktuell auf dem fünften Rang. Zusammen mit der Konzern-Tochter Aliud lag der Umsatz im Juni bei knapp 2,5 Millionen Euro, wovon Sildenafil Stada und die zweite Premiumlinie Silda im Juni zusammen etwa 80 Prozent ausmachten. Vielleicht wurde auch deshalb bei Aliud zuletzt die Strategie verändert: Im Mai hatte der Hersteller die Preise zum Teil deutlich gesenkt.
Hinter den Top 3 Generikaherstellern und Pfizer als Originator reihen sich Aristo und Zentiva mit Monatsumsätzen von jeweils rund 1,4 Millionen Euro ein, dann folgen Hennig und TAD. Vor Neuraxpharm, Heumann, Basics und Mibe liegen mit Emramed und Kohlpharma schon die ersten Reimporteure. Sildenafil von Hormosan und Medac erzielen monatlich noch dreistellige Millionenbeträge, danach folgen Actavis sowie die Produkte mit Eigennamen Duraviril, Valedonis und Ereq, schließlich Sildenafil von Uropharm.
Der Pharmahersteller Pfizer brachte das Potenzmittel 1998 auf den Markt. Seitdem wurden nach Angaben des Pharmaherstellers weltweit mehr als 1,8 Milliarden Tabletten an 37 Millionen Männer abgegeben. In Deutschland waren es den Angaben zufolge mehr als 1 Millionen Anwender. 2013 erwirtschaftete Pfizer mit Viagra 2,1 Milliarden US-Dollar (rund 1,5 Milliarden Euro).
Eli Lilly und Bayer brachten fünf Jahre nach dem Debüt von Viagra eigene Potenzmittel auf den Markt: Cialis (Tadalafil) und Levitra (Vardenafil). Cialis brachte Eli Lilly 2013 Umsätze in Höhe von rund 2,2 Milliarden US-Dollar (rund 1,6 Milliarden Euro) ein. Das ist mehr, als das Konkurrenzprodukt Viagra generierte.
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