Arzneimittelmarken

Alias für Generika Franziska Gerhardt, 14.08.2014 08:17 Uhr

Berlin - 

Normalerweise heißen Generika wie die Firmen, die sie herstellen. Manchmal entscheiden sich Unternehmen aber für einen Alias. Das kann verschiedene Gründe haben: historische, zulassungsrechtliche oder strategische. So tauchen in den Apotheken immer wieder Präparate auf, bei denen man zweimal hinsehen muss, um ihre Herkunft zu erfahren.

Die klassische Formel bei Generika lautet: Wirkstoff + Hersteller = Präparatename. Der Suffix als Dachmarke hat sich bewährt, weil Ärzte klassisch über den Wirkstoff suchen und sonst nicht fündig werden. Angenehmer Nebeneffekt: Eine Diskussion über Dachmarken gibt es bei Generika nicht.

Doch mitunter will der Hersteller gar nicht allzu sehr mit dem Produkt in Verbindung gebracht werden. Gerade Originatoren halten sich auf der Verpackung zurück, um im Falle eines Arzneimittelskandals den Schaden zu begrenzen. Bayer musste mit Lipobay seine Erfahrungen machen.

Anders sieht der Fall bei Wirkstoffen aus, die hinreichend bekannt sind und von denen ergo keine Gefahr für die Marke droht. „Da gibt's doch was von Ratiopharm“, lautet die Formel, um die die Pharmawelt den Hersteller aus Ulm beneidet. Mittlerweile haben auch die Originalhersteller den Generikamarkt für sich entdeckt. Jegliche Berührungsängste abgelegt hat Pfizer: Die hauseigenen Nachahmerpräparate tragen schlichtweg den Konzernnamen.

Nicht ganz so billig verkaufen wollte sich offenbar der Ulmer Hersteller Recordati mit Lercanidipin. Parallel zum Original Corifeo wurde bereits vor Jahren ein hauseigenes Generikum eingeführt – unter der Marke Omniapharm. Eine neue Generikalinie unter dem Namen ist aber nicht geplant.

Der indische Generikahersteller Glenmark hält sich an die Grundregel – meistens jedenfalls. In den Apotheken taucht derzeit als Rabattarzneimittel Memantin Abdi auf, Hersteller: Glenmark. „In diesem Fall hat unser Partner das Präparat so genannt – und aus Zeitgründen haben wir die Bezeichnung nicht mehr geändert“, so Geschäftsführer Florian Abbenseth. Sei das Präparat dann erst mal in einem Rabattvertrag vertreten, gestalte sich die Umbenennung aufwendig und schwierig.

Ein Lied davon singen kann Sanofi: Ab 2005 hatte der französische Pharmakonzern die Marke Winthrop eingeführt, die in Deutschland sukzessive den Traditionsnamen Lichtenstein ablösen sollte. Nach der Übernahme des tschechischen Herstellers Zentiva entschied man sich aber für dessen Namen. Derzeit gibt es in den Apotheken deshalb alle drei Varianten. Bei den Schilddrüsentabletten kommt sogar noch Henning dazu – als Qualitätsmarke sozusagen.

Auch andere Hersteller hatten oder haben Aufwand mit dem Namenswechsel: Dexcel hat den alten Namen Atid abgelegt, Mylan konnte Merck abstreifen und dura behalten. Spannend wird die Frage, wie lange Aurobindo den Markennamen Actavis nutzen kann – oder will.

Denn die Inder sind selbstbewusster geworden. Bislang wusste außerhalb der Fachkreise kaum jemand, dass hinter Betapharm Dr. Reddy's, hinter Heumann/Heunet Torrent und hinter Basics Ranbaxy stehen. Doch mittlerweile kommunizieren die Hersteller offen, zu wem sie gehören. Schließlich kommt sowieso der Großteil aller Generika irgendwie aus Fernost.

So wird im Zweifelsfall auch jegliche phonetische Rücksichtnahme über Bord geworfen: Dass man Firmen- und Produktnamen hierzulande nicht aussprechen kann, stört den indischen Hersteller Bhardwaj offenbar nicht. Schließlich werden die generischen Zytostatika ohnehin nur in Sterillabors eingesetzt, und da zählt vor allem der Preis. So könnte ein besonders indischer Name ein Wettbewerbsvorteil sein.