Das Grippemittel Tamiflu bekommt Konkurrenz: Mit Teva und Zentiva drängen gleich zwei Generikahersteller auf den Markt. Der Originalhersteller Roche hat mit Xofluza bereits ein Nachfolgeprodukt in der Pipeline – und arbeitet parallel an einem OTC-Switch für den Klassiker.
Während Oseltamivir Zentiva rein generisch daher kommt, tritt Teva mit der Marke Ebilfumin an. Der Konzern in Ulm ist formal nur Vertriebspartner der isländischen Schwesterfirma Actavis. Das Produkt kommt daher in entsprechender Aufmachung daher – für deutsche Apotheker ist es die erste Begegnung mit der Marke seit fünf Jahren, als das Europageschäft von Actavis an Puren und der Rest an Teva verkauft wurden.
Wie Tamiflu kommt das Generikum von Zentiva in den Dosierungen 30 mg, 45 mg und 75 mg und in Einheiten à 10 Stück auf den Markt. Teva bringt zunächst nur die hoch dosierte Variante, die mit 17 Euro nur halb so teuer wie das Original sein soll.
Analog zu Tamiflu sind beide Produkte „zur Behandlung von Erwachsenen und Kindern, einschließlich reifer Neugeborener, mit influenzatypischen Symptomen indiziert, wenn das Influenzavirus in der Bevölkerung auftritt“. Die Therapie sollte innerhalb von zwei Tagen nach erstmaligem Auftreten der Symptome begonnen werden.
Außerdem ist ein prophylaktischer Einsatz möglich, wenn es zu einem Kontakt mit einem klinisch diagnostizierten Influenzafall gekommen ist und das Influenzavirus in der Bevölkerung zirkuliert. Im Fall eines pandemischen Influenzaausbruchs ist eine solche Postexpositionsprophylaxe auch bei Säuglingen unter einem Jahr möglich.
Die prophylaktische Anwendung sollte „von Fall zu Fall auf Basis der Umstände und der Populationen, welche einen Schutz benötigen, beurteilt werden“. In Ausnahmesituationen – wenn zum Beispiel die zirkulierenden Viren von den im Impfstoff enthaltenen Virusstämmen abweichen und eine pandemische Situation vorliegt, kann auch eine saisonale Prophylaxe erwogen werden.
Im Rahmen des therapeutischen Einsatz erhalten Jugendliche ab 13 Jahren und Erwachsene zweimal täglich 75 mg über einen Zeitraum von 5 Tagen. Zur Postexpositionsprohylaxe werden einmal täglich 75 mg über zehn Tage eingenommen – eine reine Prophylaxe wird sechs Wochen lang durchgeführt. Bei Kindern wird nach Körpergewicht dosiert, hier steht Tamiflu als Suspension zum Einnehmen (6 mg/ml) zur Verfügung.
In den USA soll Sanofi Tamiflu bald als rezeptfreies Medikament vertreiben. Vor einem Jahr hatten beide Konzerne eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet, nach der Sanofi mit der Gesundheitsbehörde über OTC-Switch verhandelt und dafür ein entsprechendes klinisches Programm sowie Studien verantwortet. Im Gegenzug erhält der französische Konzern die Vertriebsrechte.
Mit Xofluza hat Roche bereits ein Nachfolgeprodukt in der Pipeline. In den USA ist Xofluza bereits seit zwei Jahren erhältlich, die EMA hat gerade die Zulassung auch in Europa empfohlen. Der Wirkstoff Baloxavirmarboxil greift als CAP-Endonuklease-Inhibitor in die ersten Schritte des Replikationszykus ein; eine Proteinbiosysnthese aus der viralen mRNA ist nicht möglich. Zur Behandlung der unkomplizierten Influenza bei Patienten ab 12 Jahren soll die Anwendung einer Einzeldosis Xofluza genügen. Die Zulassung soll darüber hinaus auch für die Influenza-Prophylaxe erteilt werden.
Tamiflu wurde 1999 zugelassen und ist seit 2002 in der EU verfügbar. Der Wirkstoff Oseltamivir gehört zu den Neuraminidase-Hemmern. Er verhindert, dass sich das Grippevirus im Körper ausbreitet und kann zudem die Symptome einer Infektion mildern und vorbeugen. Die Viren eliminieren oder ausschalten kann er allerdings nicht.
Laut Roche wird Tamiflu in mehr als 95 Länder weltweit geliefert. Hersteller aus Indien, China und Afrika hätten über Lizenzen die Möglichkeit, im Falle einer Pandemie Generika herzustellen. Roche biete Ländern, die sich die Lagerung des Grippemittels nicht leisten können, niedrige Preise und Ratenzahlungen an. Nach eigenen Angaben lagert der Hersteller die Medikamente und verteilt sie, sobald die Weltgesundheitsorganisation WHO eine Grippe-Pandemie feststellt.
Vor allem in den Jahren 2005 und 2009 hatten Bund und Länder zur Bekämpfung der Schweinegrippe gemäß den Pandemie-Plänen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) große Mengen Tamiflu und Relenza (Zanamivir, GSK) eingelagert. Später mussten die Fässer mit den abgelaufenen Wirkstoffen entsorgt werden.
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