Der Ratiopharm-Mutterkonzern Teva will binnen zwei Jahren weltweit 14.000 Stellen streichen. Weltweit hat der kriselnde Generikahersteller rund 53.000 Mitarbeiter, damit ist jede vierte Stelle von den Kürzungen betroffen.
Ratiopharm gehörte einst dem Großindustriellen Adolf Merckle, wurde aber 2010 an die Israelis verkauft. Teva Deutschland hat in hierzulande rund 2900 Mitarbeiter, von denen die meisten am Standort Ulm für die Marke Ratiopharm tätig sind. Wie viele dieser Stellen vom Sparkurs des Konzerns betroffen sind, ist noch unklar – aus Israel wurde am Donnerstag keine Vorgabe für Deutschland gemacht. Der neue Konzernchef Kåre Schultz teilte mit, man wolle mit einem Umstrukturierungsplan bis Ende 2018 drei Milliarden US-Dollar einsparen.
Die meisten Entlassungen seien im kommenden Jahr geplant. Es gab jedoch keine konkreten Angaben, wo die Stellen gestrichen werden sollen. Außerdem plane man die Schließung einer ganzen Reihe von Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen, Hauptquartiere und Bürogebäuden auf der ganzen Welt, teilte Teva mit. Israelische Medien berichten unter Berufung auf die Gewerkschaft, in Israel sollten 1750 Stellen gestrichen werden.
Teva steht schon länger wegen des zunehmenden Preisverfalls und anhaltender Absatzeinbußen in den USA unter Druck. „Die Umstrukturierung ist notwendig, um die Organisation zu vereinheitlichen und zu vereinfachen und die Unternehmensleistung zu verbessern“, sagte Schultz. „Wir dürfen keine Zeit verschwenden.“ Aus Protest gegen die Entlassungen bei Teva hat der israelische Gewerkschafts-Dachverband Histadrut für Sonntag zu einem Generalstreik bis Mittag aufgerufen. Am Sonntag sollten auch alle Niederlassungen von Teva in Israel bestreikt werden.
„Die Gründer von Teva würden sich im Grab umdrehen“, sagte der Gewerkschaftsvorsitzende Avi Nissenkorn. „Das Flaggschiff der israelischen Industrie“ habe sich in ein Symbol der Zerstörung verwandelt. Die Angestellten müssten nun den Preis für das Fehlmanagement der Unternehmensführung zahlen. Das israelische Wirtschaftsblatt „TheMarker“ schrieb, der Teva-Chef habe gewarnt, ohne aggressive Kürzungen könne das Unternehmen nicht überleben.
Teva hat Schulden von rund 35 Milliarden Dollar (rund 30 Milliarden Euro), die hauptsächlich durch die Übernahme von Actavis, der Generikasparte des US-Riesen Allergan, im vergangenen Jahr entstanden waren. Spürbare Einbußen musste der Konzern auch hinnehmen, nachdem er den Patentschutz für das MS-Medikament Copaxone (Glatirameracetat) verlor. Das von Teva selbst entwickelte Arzneimittel war 1996 auf den Markt gekommen und lange wichtigster Umsatzbringer des Pharmakonzerns. Der US-Hersteller Mylan hat inzwischen ein günstigeres Generikum auf den Markt gebracht.
Israel stehe nun der größte Kampf gegen Entlassungen seit drei Jahrzehnten bevor, schrieb „TheMarker“. Zuletzt habe Ende der 1980er Jahre die Unternehmensgruppe Koor Industries, die damals der Histadrut gehörte, 16.000 Stellen gestrichen. Es werde nun befürchtet, dass die Entlassungen den vollkommenen Rückzug Tevas aus Israel einläute, schrieb die Zeitung „Haaretz“. Auch die Politik hat sich inzwischen eingeschaltet: Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprach am Donnerstag mit Schultz und äußerte sich besorgt. Netanjahu habe den Konzernchef gebeten, den Schaden für die israelischen Angestellten so klein wie möglich zu halten und „Tevas Identität als israelisches Unternehmen zu wahren“.
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