Seit PlusMinus am Mittwoch über zwei Fälle von gefälschten Reimporten
berichtet hat, stehen auch bei Eurim die Telefone nicht mehr still –
obwohl das Unternehmen aus Saaldorf-Surheim an der
deutsch-österreichischen Grenze gar nicht betroffen ist. Laut Firmenchef
Andreas Mohringer ist es das erste Mal, dass sich die Branche mit einem
solchen Vorfall konfrontiert sieht. Zweifel am System sind aus seiner
Sicht nicht berechtigt.
ADHOC: Wie bewerten Sie die aktuellen Fälschungen von Reimporten?
MOHRINGER: Ich verstehe, dass die Aufregung nach einem solchen Bericht groß ist. Auch bei uns rufen verunsicherte Apotheker und auch Patienten an, die teilweise für einzelne Produkte eine Garantie einfordern. Das ist verständlich.
Problematisch ist allerdings, dass Berichte wie der PlusMinus-Beitrag die grundsätzliche Fälschungsdiskussion allein an diesen zwei Fällen festmachen. Dadurch wird eine breite und tiefe generelle Verunsicherung bei Apotheken wie Patienten verursacht, die unberechtigt weit über den eigentlichen Fall hinausgeht. Die Gefahr ist groß, in zu einfache Klischees zurück zu fallen. Seit es Reimporte gibt, ist dies leider nicht neu.
ADHOC: Sind Reimporte denn besonders anfällig, gefälscht zu werden?
MOHRINGER: Wir sind seit 38 Jahren in diesem Markt aktiv und kennen keinen einzigen Fall, in dem es – bis zu den aktuellen Fällen – ein gefälschter Reimport bis in die Lieferkette geschafft hätte.
ADHOC: Jetzt sind Ihrer Branche zwei Fälle „durchgerutscht“.
MOHRINGER: Zunächst einmal: Es handelt sich um Einzelfälle und sehr geringe Stückzahlen. Das steht bezüglich der Menge in keinem Verhältnis zu anderen Fälschungen deutscher Ware, die in den vergangenen Jahren aufgetaucht sind. Denken Sie nur an Omeprazol vor einigen Monaten – zehntausende Packungen. Ich will das Problem nicht relativieren – aber es ist eben kein Thema, das ausschließlich Reimporte betrifft.
ADHOC: Sondern?
MOHRINGER: Jeder, der bei einem anderen Anbieter als dem Originalhersteller einkauft, hat die Pflicht genau hinzuschauen. Das gilt für Reimporteure genauso wie für den Pharmagroßhandel. Sobald „quer eingekauft“ wird, muss dies genau kontrolliert werden. Wirtschaftliche Vorteile dürfen keine Rolle spielen.
ADHOC: Wie wird denn kontrolliert?
MOHRINGER: Ich kann nicht für andere sprechen, sonder nur für Eurim Pharm. Jeder Wareneingang wird grundsätzlich erfasst und auch geprüft. So werden zum Beispiel nach vorgegebenen statistischen Quoten Stichproben gezogen und genaueren Untersuchungen unterzogen. Entscheidend ist immer die Frage, wie gründlich geprüft wird. Die in Deutschland ja regionalen Aufsichtsbehörden spielen dabei auch eine Rolle.
ADHOC: Warum haben die Kontrollen bei den aktuellen Fällen versagt?
MOHRINGER: Das kann ich aus der Distanz für die beiden betroffenen Unternehmen nicht sagen. Es gibt aber einen zweiten wichtigen Schutzmechanismus: Langfristige Geschäftsbeziehungen zu den Vorlieferanten sorgen für Sicherheit. Wenn ein Lieferant zu uns kommt, den wir nicht kennen, muss dieser vorab erst einmal einen genauen Prüfungsprozess durchlaufen, bevor wir bei ihm Ware kaufen würden. Wir prüfen dabei nicht nur, ob alle erforderlichen Genehmigungen vorliegen, sondern lassen uns auch gegebenenfalls zum Beispiel Muster zur Vorabprüfung schicken.
ADHOC: Nimmt das Problem zu?
MOHRINGER: Das kann man so nicht sagen, denn natürlich werden mehr Fälle entdeckt, je größer das Bewusstsein ist. Es gab schon immer Fälle, dass uns Ware angeboten wurde, die uns dubios vorkam. In solchen Fällen ist es uns bislang immer gelungen, nicht nur Fälschungen vom deutschen Markt fernzuhalten, sondern auch dazu beizutragen, die Hintermänner zu überführen. Über unseren europäischen Dachverband EAEPC haben wir außerdem für unsere Mitglieder ein EU-weites Frühwarnsystem eingerichtet, das effizient ist. Eine offene, schnelle Kommunikation und Kooperation mit den Behörden und Originalherstellern ist außerdem sehr hilfreich.
ADHOC: Wo ist das Risiko am größten?
MOHRINGER: Da gibt es in den EU-Mitgliedsstaaten keine relevanten Unterschiede. Der Pharmamarkt ist zudem ein globaler Markt, Produkte werden international vertrieben. Wo eine Fälschung dann zuerst entdeckt wird, ist insofern auch davon abhängig, welche länderspezifische Packung als Vorlage dient. Entscheidend ist aber, diese so früh wie möglich zu entdecken, um den Markteintritt zu verhindern. Dies ist auch im Interesse der Originalhersteller.
ADHOC: Was wäre zu tun?
MOHRINGER: Sie können Fälschungen niemals vollständig verhindern, selbst die zukünftige Seriennummer wird vor entsprechender krimineller Energie keinen 100-prozentigen Schutz bieten. Nichtdestotrotz beteiligen wir uns aktiv am Securpharm-Projekt. Allerdings tragen alle, die mit Arzneimitteln zu tun haben, eine gemeinsame Verantwortung. Sie können nicht alles regulieren. Sehr hilfreich ist aber, Arzneimittel nur von Anbietern zu beziehen, denen man vertrauen kann. Das gilt für Reimporteure und Großhändler genauso wie für Apotheken.
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