Als Chef des Stuttgarter Pharmahändlers Celesio bevorzugte Dr. Fritz Oesterle einst PS-starke Limousinen. Jetzt fuhr Oesterle mit seinen Elektro-Smart 8 km/h zu schnell – und landete vor Gericht. Der Jurist wollte das Knöllchen nicht bezahlen und stattdessen vor der Verkehrsrichterin seine Sicht der Dinge zum Thema Geschwindigkeitsbeschränkungen vortragen. Das half nichts. Er soll 15 Euro Bußgeld zahlen.
Wie das Schwäbische Tagblatt berichtete, erschien Oesterle „von der Gartenarbeit gebräunt“ und bester Laune zum Verfahren im Stuttgarter Amtsgericht. Seinen Elektro-Smart hatte der 65-Jährige direkt vor der Tür geparkt – nicht weit entfernt der vielbefahrenen Stadtautobahn B 14.
Im Februar war der ehemalige Konzernchef und Vorkämpfer für DocMorris und Apothekenketten in Deutschland mit seinem E-Smart auf einer Tempo-40-Strecke im Stuttgarter Osten geblitzt worden. Dafür bekam er ein Bußgeld aufgebrummt. Doch der Hobbyrennfahrer zahlte nicht, ließ es lieber zur Verhandlung kommen. Denn die Tempo-40-Zone hält der Jurist für rechtswidrig.
Auf mittlerweile elf Steigungsstrecken in Stuttgart gilt Tempo 40, hat das Tagblatt nachgezählt. Die Stadt erhoffe sich von der Tempodrosselung einen positiven Effekt für die Luft. Dass die Regelung aber auch Elektromobile betrifft, hält Oesterle für eine „verfassungswidrige Gleichbehandlung von Ungleichem“. Schließlich bewege sich der Anteil von Elektromobilen an der Luftverschmutzung im Bagatellbereich. Folglich sollten E-Autos an den Steigungsstrecken die ortsüblichen Tempo 50 fahren dürfen, fordert Oesterle.
Weil er sich einen E-Smart gekauft hat, fühlt sich Oesterle auf der sauberen Seite des Straßenverkehrs. Damit unterstütze er alle Bemühungen, die Schadstoffwerte in der City zu senken. Vonseiten der Politik wünsche er sich einen emotionaleren und kreativeren Umgang mit dem Thema. Noch sei die Anschaffung eines E-Autos unwirtschaftlich, dafür müsse man die Leute anders motivieren. „Es wäre doch toll, wenn der E-Smart an der Steigungsstrecke am Porsche vorbeizieht“, zitiert ihn die Zeitung.
Schon vor mehr als einem Jahr hat Oesterle laut Tagblatt bei der Stadt Widerspruch gegen die Tempo-40-Zonen eingelegt. Dieser wurde damals zurückgewiesen: Die Geschwindigkeitsbegrenzung sei eingeführt worden, um den Verkehr zu verstetigen. Wo weniger Gas gegeben und gebremst werde, sei die Luft besser. E-Autos erzeugten zudem ebenfalls Verschmutzungen durch Reifenabrieb und obendrein seien den Verkehrsteilnehmern unterschiedliche Tempolimits nicht zuzumuten.
Amtsrichterin Christina Heß hatte zwar durchaus Sympathie für Oesterles Argumente: „Sie haben ein ehrenwertes Motiv.“ Doch die Tempo-40-Schilder seien Gesetz. „Und daran halte ich mich“, so Heß und verdonnerte Oesterle wegen Geschwindigkeitsüberschreitung zu einem Bußgeld von 15 Euro zu. Laut Tagblatt will der streitbare Oesterle auch diesen Entscheid anfechten.
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