Unter großen Konzernen ist es üblich, Umsätze oder Gewinne in steuerlich günstige Gefilde zu verschieben. Auch Galderma bezog seine Ware jahrelang vom Mutterkonzern in der Schweiz. Da es sich aber teilweise um Arzneimittel handelt und eine entsprechende Großhandelserlaubnis fehlte, untersagte die zuständige Aufsichtsbehörde die Konstruktion. Dabei blieb nach jahrelangem Rechtsstreit auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG).
Die deutsche Niederlassung von Galderma bezog die von ihr vertriebenen Arzneimittel vom gleichnamigen Mutterkonzern mit Sitz in La Tour-de-Peilz bei Montreux. Und der ist zwar im Besitz einer Großhandelserlaubnis nach schweizerischem Recht, aber nicht für die EU. Galderma verwies darauf, dass die Ware tatsächlich gar nicht aus der Schweiz komme: Die Arzneimittel würden bei einer Schwesterfirma in Frankreich produziert, die im Besitz einer von den französischen Behörden ausgestellten Herstellungserlaubnis sei. Unmittelbar von dort aus werde nach Deutschland geliefert; die kaufmännische Abwicklung über die Schweiz habe steuerliche Gründe.
Die Bezirksregierung Düsseldorf, der die Sache im März 2016 bei einer Inspektion der Geschäftsräume aufgefallen war, sah dagegen „schwerwiegende Fehler und Mängel“. Auch wenn in der Schweiz keinen Herstellungsschritt durchgeführt werde, sei die dortige Niederlassung für die Produkte der pharmazeutische Unternehmer. Entsprechend erfolge der Handel – trotz Lieferung aus dem EU-Land Frankreich – mit der in der Schweiz als Drittland ansässigen Firma, die nicht über eine Großhandelserlaubnis für die EU verfüge. „Somit werden die Arzneimittel von einem nicht zur Abgabe von Arzneimitteln berechtigten Großhändler bezogen“, heißt es im Inspektionsbericht.
Dem Hersteller wurden drei Monate Zeit gegeben, die Mängel abzustellen, doch der zog stattdessen vor Gericht. Das Vertriebsmodell stehe im Einklang mit den maßgeblichen Rechtsvorschriften: Sowohl nach EU-Richtlinie als auch nach Arzneimittelhandelsverordnung (AM-HandelsV) sei der Bezug von Arzneimitteln aus Drittländern ausdrücklich erlaubt, wenn der Verkäufer eine nach den einschlägigen Vorschriften des Drittstaats erteilte Großhandelsgenehmigung besitze.
Ohnehin könne die von der Bezirksregierung befürchtete Sicherheitslücke nicht entstehen, weil die Arzneimittel innerhalb der EU und mit gültiger Erlaubnis hergestellt und von dort unmittelbar nach Deutschland geliefert würden. Da die physische Einfuhr aus der Schweiz erlaubnisfähig sei, dürfe auch das gewählte Konstrukt, bei dem die Arzneimittel die EU nie verlassen und nur die Buchhaltung in der Schweiz übernommen werde, nicht schlechter gestellt werden.
Doch schon das Verwaltungsgericht Köln (VG) sah die Sache anders: Laut §4a AM-Handels-V müsse grundsätzlich für alle Akteure der Lieferkette eine von einem EU-Mitgliedstaat erteilte Genehmigung vorliegen. Die von Galderma in Anspruch genommene Ausnahmeregelung erfasse nur die Ausfuhr und damit nicht die vorliegende Fallgestaltung. Im Übrigen werde der Hersteller auch nicht schlechter gestellt als im Fall der physischen Einführung der Arzneimittel aus der Schweiz; nur eben bedürfe er hierfür einer Erlaubnis.
Das BVerwG erklärte, dass mangels Herstellungsschritt in der Schweiz keine Einfuhr im Sinne des Arzneimittelgesetzes (AMG) vorliege, sondern Großhandel mit Arzneimitteln. Relevante Vorschrift sei daher die AM-HandelsV und in der seien Genehmigungen aus Drittstaaten nicht erfasst. Mit der Einführung des Erlaubnisvorbehalts verfolge der Gesetzgeber das Ziel, das Eindringen gefälschter Arzneimittel in die legale Lieferkette zu verhindern. Gerade unübersichtliche Bezugswege mit Beteiligten aus Drittstaaten erhöhen aber ein solches Risiko – und zwar nicht nur bei der körperlichen Verbringung von Arzneimitteln: Denn selbst für Arzneimittelvermittler gelten laut Gericht entsprechende Regelungen. „Die Arzneimittelsicherheit [….] kann auch durch nur ‚buchhalterische‘ Vorgänge gefährdet werden.“
Zum Schluss musste sich Galderma noch belehren lassen, dass die in Anspruch genommene Ausnahme für reimportierte Arzneimittel gar nicht greifen könne, weil die Lieferung aus der Schweiz kein Reimport sei. „Dieser umfasst nur die Verbringung eines Produkts von einem EU-Mitgliedstaat in einen anderen. Dementsprechend betreffen auch die vom Gerichtshof der Europäischen Union entschiedenen Konstellationen des ‚Re-‘ oder ‚Parallel-‘Imports nur Fallgestaltungen, bei denen die Arzneimittel aus einem anderen EU-Mitgliedstaat, in dem sie zugelassen waren, importiert worden sind.“
Lieferprobleme soll es wegen des Urteils nicht geben, versichert eine Sprecherin: „Galderma hält stets die höchsten ethischen Standards ein und stellt Patienten und Kunden an erste Stelle. Unsere logistische Situation ist weiterhin stabil und wir sehen keine Lieferschwierigkeiten bei der Versorgung deutscher Apotheken, HCPs, Patienten und Konsumenten.“
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