Das schwierige US-Geschäft belastet den Dialysekonzern Fresenius Medical Care (FMC) und in der Folge auch seine Konzernmutter Fresenius noch stärker als befürchtet. Auch alle anderen Bereiche, insbesondere der Dienstleister Vamed, seien vom schwierigen gesamtwirtschaftlichen Umfeld geprägt, teilte Fresenius am Sonntag mit.
Dabei verwies der Dax-Konzern auf inflationsbedingte Kostensteigerungen, Personalengpässe sowie Störungen in den Lieferketten, was auch das Patientenverhalten beeinflusse. Fresenius und FMC senkte ihre Gewinnziele für 2022 erneut. Ganz überraschend kommt das nicht, Analysten hatten es für möglich gehalten.
Wegen des schwierigen Umfeldes verzögerten sich entgegen früheren Erwartungen die Auswirkungen der Verbesserungsmaßnahmen bei den Gesundheitsdienstleistungen in Nordamerika, hieß es von FMC am Sonntag. Daher rechnet Carla Kriwet, die das Unternehmen seit Anfang Oktober führt, für 2022 nun mit einem Konzernergebnisrückgang im hohen 10er- bis mittleren 20er-Prozentbereich. Bislang hatte ein Rückgang im hohen 10er-Prozentbereich auf dem Plan gestanden. Diese Ziele sind währungsbereinigt und vor Sondereffekten.
Trotz eines Umsatzwachstums um 15 Prozent auf 5,1 Milliarden Euro im dritten Quartal sank das Konzernergebnis von FMC im Jahresvergleich um 16 Prozent auf 230 Millionen Euro. Vor Sondereffekten sank das Ergebnis um 17 Prozent auf 231 Millionen Euro. Der um Sondereffekte bereinigte operative Gewinn ging um 8 Prozent auf 470 Millionen Euro zurück. Und dabei profitierte das Unternehmen noch deutlich von dem zum US-Dollar schwachen Euro, ohne dessen Auswirkungen es nur ein kleines Umsatzplus sowie einen noch deutlicheren Gewinnrückgang gegeben hätte.
Vor diesem Hintergrund erwartet Fresenius-Chef Michael Sen für 2022 nunmehr ein Rückgang des währungsbereinigten Konzernergebnisses um die 10 Prozent, nach einem bisher avisierten Minus im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich.
Wie Kriwet bei FMC hatte Sen Anfang Oktober die Führung von Fresenius übernommen. Er soll den Gesundheitskonzern und größten privaten Krankenhausbetreiber Deutschlands aus der Dauerkrise führen. Sens Berufung war nicht überraschend gekommen, sondern eher der Zeitpunkt: Schon bei seinem Antritt als Vorstand der Flüssigmedizinsparte Fresenius Kabi im April 2021 wurde er als Nachfolger des glücklosen Vorstandschefs Stephan Sturm gehandelt.
So ist Sen ein ausgewiesener Finanzexperte, bei Investoren sehr angesehen und war schon öfter der Mann für die großen Deals. Als Finanzvorstand von Eon 2016 war er für die Abspaltung der Kraftwerkssparte Uniper mitverantwortlich. Bei Siemens verantwortete er 2018 den Börsengang der Medizintechniktochter Healthineers. Fresenius kommt nun seine Erfahrung mit Transformationen gelegen.
So gibt es schon länger Kritik von Investoren an der Fresenius-Struktur mit den Sparten Dialyse, Flüssigarzneien, Kliniken und Servicegeschäft. Mitte Oktober machten dann Berichte die Runde, dass der aktivistischer Hedgefonds Elliott bei Fresenius eingestiegen sei und auf eine Entwirrung der komplexen Strukturen drängen könnten. Laut der Wirtschaftswoche beauftrage Sen mittlerweile die US-Investmentbank Goldman Sachs mit der Ausarbeitung einer Verteidigungsstrategie, sollte es zu einer Attacke von Elliott kommen.
Die Nachricht vom möglichen Einstieg Elliotts hatte die Aktien beider Konzerne nach oben schnellen lassen. Allerdings konnte nur Fresenius einen Teil der Kursgewinne behaupten. Die FMC-Papiere waren vor dem Wochenende bis auf 26,26 Euro gefallen und hatten sich damit dem erst vor Kurzem markierten Tief seit der Weltfinanzkrise 2009 von 26,19 Euro genähert. Die FMC-Aktien haben 2022 mehr als die Hälfte ihres Wertes eingebüßt, bei Fresenius ist es ein Minus von 37 Prozent.
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