Der Freiwahlhersteller Siemens/Sidroga geht künftig nicht mehr nur in Apotheken, sondern auch in Arztpraxen. Im ersten Schritt würden für diesen Bereich fünf bis zehn Mitarbeiter eingestellt, sagt Vertriebschef Jens Pieper. Wie groß das Team am Ende sein werde, sei noch nicht abzusehen. Hintergrund ist die Übernahme der OTC-Produkte von Astellas.
Im März hatten die ehemaligen Hexal-Eigentümer, Dr. Thomas und Dr. Andreas Strüngmann, die Marken Venostasin, Arctuvan, Vomex und Vertigo-Vomex* von Astellas übernommen. Die Sparte läuft weiterhin unter dem Namen Klinge Pharma, wird aber bei Siemens/Sidroga unter der Leitung von Olaf Hirsch geführt.
Der Arztaußendienst soll vor allem über die Marke Vomex informieren, denn die Dimenhydrinat-haltigen Mittel gegen Übelkeit sind für Patienten bis 12 Jahre erstattungsfähig. Entsprechend sollen zunächst vor allem die Allgemeinmediziner angesprochen werden, darüber hinaus HNO-Ärzte, Pädiater und Allergologen. Pieper will seine neuen Mitarbeiter zunächst in die Ballungszentren schicken.
Zu besprechen gibt es auch andere Themen, denn die Produkte von Siemens/Sidroga sind auch für die Arztempfehlung beispielsweise über das Grüne Rezept attraktiv: Emser-Pastillen werden bei Erkältungen eingesetzt; zur Messe hat das Unternehmen mit Emsillen eine Variante für Kinder vorgestellt.
Von Sidroga gibt es neben dem Tee die Marken Valverde und Bronchoverde. Das Erkältungspräparat hat es ebenso wie die Neueinführungen anderer Hersteller angesichts der ausgebliebenen Erkältungswelle zuletzt schwer gehabt. Auch das Nahrungsergänzungsmittel Efamol des gleichnamigen britischen Herstellers und das ADHS-Produkt Efalex, eine Kombination aus Fisch- und Nachtkerzenöl, werden von Sidroga vertrieben. Vor einem Jahr hat das Unternehmen außerdem den Apothekenvertrieb für Dextro Energy übernommen. Die Traubenzuckerprodukte gehören zur Zertus-Gruppe.
Derzeit arbeiten für Sidroga/Siemens rund 150 Mitarbeiter in Deutschland, davon 36 im Apothekenaußendienst. Der Umsatz von Siemens lag zuletzt bei 18,5 Millionen Euro, der von Sidroga bei 12,2 Millionen Euro. Auf Basis von Apothekenverkaufspreisen liegen laut Pieper alle drei Sparten ungefähr gleichauf bei rund 30 bis 40 Millionen Euro.
Die Stüngmann-Famile hatte Siemens & Co. bereits 1998 gekauft. Ursprünglich war der Emser-Hersteller 1958 von den Erben des Industriellen Friedrich Siemens gegründet worden. Die Originalmarke ist seit Jahren apothekenexklusiv, ähnliche Produkte werden unter dem Namen Emcur in Drogerien und im Lebensmitteleinzelhandel verkauft. Sidroga wurde im April 2007 von der schweizerischen Siegfried-Gruppe übernommen.
Astellas hatte Klinge 2002 gekauft; Firmengründer Adolf Klinge hatte keinen Nachfolger für sein 1933 aus der Victoria-Apotheke an der Berliner Friedrichstraße ausgegründetes Unternehmen gefunden. Venostasin ist die älteste Marke aus dem früheren Klinge-Sortiment. Das Rosskastanien-Präparat kam bereits 1940 auf den Markt. 1951 folgte Vomex, das heute rund 60 Prozent des Umsatzes ausmacht.
Der Strüngmann-Familie gehört außerdem die Berliner Aristo-Gruppe, die 2008 aus dem 2001 gekauften Generikahersteller Lindopharm und den 2006 übernommenen OTC-Herstellern Steiner Arzneimittel (Sedariston, Sogoon) und Pharma Wernigerode (Kamillan, Parodontal, Imidin) hervorgegangen war.
Seit 2009 gehört schließlich Neuraxpharm zum Portfolio der Familie. Der auf ZNS-Produkte spezialisierte Generikahersteller hat ebenfalls zwei OTC-Produkte im Sortiment.
* Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Beitrags hatte es geheißen, auch Alfanson, Doctan und Phosphalugel seien übernommen worden. Tatsächlich sind diese Marken nicht Gegenstand der Vereinbarung mit Astellas.
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