Eigentlich wollte Sanofi in Frankfurt hunderte Stellen abbauen – muss nun aber erst einmal das Gegenteil tun. Denn aufgrund neuer Vorgaben der US-Arzneimittelbehörde FDA muss das Unternehmen mehr Personal in der Insulinproduktion einstellen. Laboranten umzuschulen, die sonst entlassen würden, scheint aber keine Option zu sein.
Zweimal je 140 Stellen wollte Sanofi im Industriepark Höchst abbauen, hatte der französische Konzern vor einem knappen Jahr angekündigt. Stattdessen muss er nun rund 200 neue Stellen besetzten, darunter Ingenieure und Laborleiter. Der Nettostellenabbau in Frankfurt wird dadurch bedeutend geringer ausfallen als befürchtet.
Doch es kommen nicht nur neue Kollegen hinzu, Sanofi muss offenbar auch weniger entlassen als zuvor angekündigt worden war. Sanofi hatte bekanntgegeben, dass im Rahmen des Programms „Horizon 2020“ 140 Stellen in der Verwaltung wegfallen sollen sowie in einem zweiten Schub 38 Stellen in Forschung und Entwicklung und 100 Arbeitsplätze von unterstützenden Mitarbeitern wie Laboranten im Geschäftsfeld Diabetes. Nun kündigte die Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats, Beate Bockelt, gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) an, dass die Zahl er Stellenstreichungen in der Verwaltung von 140 auf 90 reduziert wurde. Betroffen seien vor allem das Personal- und Finanzwesen. 60 Prozent der entlassenen Mitarbeiter würden das Unternehmen bereits Ende November verlassen, die restlichen in einem Jahr.
Der neue Bedarf kam nun durch eine Regeländerung in den USA zustande: Die US-Aufsichtsbehörde FDA verlangt künftig höhere Standards in Qualitätskontrolle und Hygiene. Eigentlich wäre es nun naheliegend, Mitarbeiter aus anderen Labors dorthin zu verlegen, die eigentlich entlassen worden wären. Doch so einfach scheint es nicht zu sein, wie Bockelt gegenüber der FAZ äußerte.
So wären demnach für einen Wechsel Qualifizierungsmaßnahmen nötig. Hinzu käme, dass einige der Angestellten, die das Unternehmen verlassen sollen, bereits in höherem Alter seien. Sie habe deshalb Zweifel an einer blockweisen Verschiebung von Labormitarbeitern in die Insulinproduktion, so Bockelt. „Da wird wohl ein anderes Angebot nötig werden“, sagt sie. „Es wird Abfindungen und einen Sozialplan geben.“
Die Diabetes-Sparte ist Sanofis Sorgenkind. Allein das Langzeitinsulin Lantus (Insulin glargin) hat seinen Umsatz in den letzten Jahren von sechs auf drei Milliarden Euro halbiert. Weil Lantus keinen Patentschutz mehr genießt und die Konkurrenz auf dem Markt groß ist, sucht der Konzern ein neues Standbein. Mit den milliardenschweren Übernahmen des Antikörperspezialisten Ablynx und des US-Biotechunternehmens Bioverativ will Sanofi deshalb zu einem dominanten Player im Bereich seltener Bluterkrankungen aufsteigen.
Bis dahin hat Sanofi aber noch mit einer wirtschaftlich schwierigen Situation zu kämpfen. So sanken die Erlöse im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahr um knapp 6 Prozent auf 8,2 Milliarden Euro. Der starke Euro hinterließ dabei seine Spuren. Ohne die Folgen der Umrechnungseffekte in die europäische Gemeinschaftswährung hätte der Konzernumsatz zumindest stagniert. Analysten hatten höhere Erlöse auf dem Zettel. Der um Sonderposten bereinigte Gewinn lag jedoch im Rahmen der Prognosen von befragten Analysten: Er war um 8 Prozent auf 1,56 Milliarden Euro zurückgegangen.
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