Fördergelder: Millionen für Versandapotheken Patrick Hollstein, 29.03.2017 10:26 Uhr
Apotheken sind Kernelemente der Infrastruktur, doch viele Inhaber tun sich schwer damit, die Fördertöpfe von Land, Bund und EU anzuzapfen. Allenfalls wenn der Steuerberater auf Zack ist, fallen gelegentlich ein paar tausend Euro für Coachings oder die Installation einer Rampe ab. Ganz andere Möglichkeiten haben große Versender: Sie wissen die öffentlichen Fördergelder für sich zu nutzen.
Mycare. Die Versandapotheke aus Wittenberg in Sachsen-Anhalt hat in den vergangenen Jahren mehrfach Fördergelder des Landes zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW) abgegriffen. 2009 strich Inhaber Christian Buse knapp 470.000 Euro für die „grundlegende Änderung des Gesamtproduktionsverfahrens“ ein. Ein Jahr später flossen weitere 132.000 Euro für das Projekt „Diversifizierung“ auf sein Konto. Bereits seit 2008 hatte sich der Apotheker 115.000 Euro für den Ausbau seiner Homeservice-Sparte überweisen lassen.
Zur Rose. Ebenfalls vom Land Sachsen-Anhalt unterstützt wurde 2004 die schweizerische Versandapotheke Zur Rose beim Neubau eines Logistikzentrums in Halle. 400 Arbeitsplätze versprach Firmenchef Walter Oberhänsli der Politik, Grund genug für die damalige Oberbürgermeisterin Ingrid Häußler, die Investoren persönlich willkommen zu heißen. Am Ende wurden nur knapp 100 Vollzeitstellen geschaffen, was sich natürlich als Erfolg verkaufen lässt.
Wie viel Fördergeld an Zur Rose floss, lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren. Mindestens 5 Millionen Euro sollen es gewesen sein; der Kontakt lief über das Wirtschaftsministerium. Ein Darlehen über vier Millionen Euro kam außerdem von der Magdeburger Girozentrale der Norddeutschen Landesbank (Nord/LB). Stadt und Land hätten die Investition in Höhe von 20 Millionen Euro „offensiv begleitet“, heißt es ganz allgemein von der Investitions- und Marketinggesellschaft des Landes. Dazu gehörte auch politische Rückendeckung: Als über die Konstruktion aus Apotheke und Logistikdienstleister vor den Gerichten gestritten wurde, setzte sich die Verwaltung massiv für die Interessen ihres Neuzugangs ein.
VfG. Auch der heute zu Zur Rose gehörende OTC-Discounter VfG konnte sich über Starthilfe freuen: Die Leipziger Sparkasse finanzierte Anfang 2004 die Gründung der Versandapotheke mit Sitz im tschechischen Česká Lípa: Über eine Beteiligungsgesellschaft engagierte sich die Bank als stiller Partner. Im Juni 2005 wurden der auf acht Jahre angelegte Vertrag vorzeitig aufgelöst und das Investment in ein Darlehen umgewandelt.
easyApotheke. Wie bei Zur Rose griff die Nord/LB, die von den Ländern Niedersachsen und Sachsen-Anhalt sowie den Sparkassen getragen wird, auch dem Franchisekonzept easyApotheke unter die Arme. Die Förderbank des Landes Niedersachsen (NBank) und die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Niedersachsen (MBG), ein Zusammenschluss verschiedener großer Banken um die Nord/LB, hatten über stille Einlagen und Kapitalbeteiligungen insgesamt 3,1 Millionen Euro investiert. Für die NBank war easyApotheke dem ehemaligen Firmenchef Oliver Blume zufolge das bislang größte Einzelinvestment.
Sanicare. Noch einmal Niedersachsen. Weil mit der Insolvenz der Firmengruppe nach dem Tod von Inhaber Johannes Mönter hunderte Arbeitsplätze wegzufallen drohten, griff das Land den neuen Eigentümern mit einer Bürgschaft unter die Arme. Abgewickelt wurde das Engagement dem Vernehmen nach über die Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers (PwC). Fördergelder gab es nicht.
Andere. Über Unterstützung der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) konnten sich unter anderem Markus Bönig mit Ordermed und Tobias Loder freuen. Der Apotheker aus Köln hatte vor einem Jahr die Deutsche Internet Apotheke (DIA) übernommen und dafür Mittel von der Förderbank bekommen.